Abgasskandal bei VW, Mercedes, BMW & Co. – Was folgt?
Letzte Aktualisierung am: 19. November 2024
Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Wichtig: Am 21. März 2023 veröffentlichte der Europäische Gerichtshof ein wegweisendes Urteil zum Anspruch auf Schadensersatz von Diesel-Käufern. Dieser ist demnach auch gegeben, wenn der Händler fahrlässig beim Einbau der illegalen Software gehandelt hat.
Wie der Diesel-Mythos im Skandal ertrinkt
Einst war Volkswagen als Autohersteller international angesehen und auch erfolgreich. Bei vielen Kunden war der VW Diesel sehr beliebt, wurde er doch als besonders umweltfreundliches Auto vermarktet. Im Abgasskandal stellte sich jedoch heraus, dass der Diesel umweltschädlicher ist als erlaubt. Mit Software-Manipulationen trickste der Autobauer bei den Stickoxid-Werten.
Im Laufe der Zeit gelangten neue haarsträubende Einzelheiten zur Dieselaffäre an die Öffentlichkeit: Während Autobauer wie Audi trotz Abgassaffäre scheinbar weiter manipulierte Diesel verkauften, kamen VW & Co. bislang in Deutschland vergleichsweise günstig davon. Der Kunde schien hilflos.
Inzwischen ist die Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) gegen die Volkswagen AG wegen Dieselgate beendet. Diese Klage sollte die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bei zahlreichen Geschädigten erleichtern. Beide Parteien einigten sich auf einen Vergleich im Abgasskandal, woraufhin der vzbv seine Klage am 30. April 2020 zurücknahm. Die Verbraucher, die sich in der Musterfeststellungsklage angemeldet und dem Vergleichsangebot zugestimmt hatten, bekamen eine Vergleichszahlung.
Doch wie kam es zum VW-Abgasskandal? Welche Unternehmen sind involviert und welche Autos sind vom Abgasskandal betroffen? Und wie haben die Autobauer getrickst?
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Abgasskandal
Im Jahr 2015 wurde bekannt, dass in diversen VW-Modellen eine Software installiert war, die die Abgaswerte manipulierte. Auf dem Prüfstand stießen die Fahrzeuge dadurch weniger Emissionen aus und unterschritten so die gesetzlichen Grenzwerte. Im echten Betrieb im Straßenverkehr war der Ausstoß in Wahrheit um ein Vielfaches höher und jenseits des gesetzlich Erlaubten. Wie sich in den Monaten danach zeigte, hatten andere Autohersteller ähnliche Manipulationen vorgenommen.
In die Dieselaffäre sind auch Audi, BMW, Ford, Porsche und andere Hersteller verwickelt. Spezifische Informationen, welche Fahrzeug-Modelle welches Herstellers betroffen sind, finden Sie hier.
Eine Möglichkeit ist die Rückforderung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Autos oder aber die Forderung eines vergleichbaren Neuwagens. Wer sein Fahrzeug behalten möchte, kann Schadensersatz verlangen. Das geht zum Beispiel aus einem BGH-Urteil zur Dieselaffäre hervor. Allerdings sollte in jedem Fall geprüft werde, ob die Ansprüche inzwischen nicht schon verjährt sind.
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Vom Millionär zum Tellerwäscher? Massive Probleme für VW in den USA
Der auch als „Dieselgate“ begkannte Dieselskandal begann, als die kalifornische Umweltbehörde CARB Abgasmessungen an VW-Dieselfahrzeugen vornahm und dabei herausfand, dass die Stickoxide bei den gemessenen Modellen zum Teil über dem 40-fachen des zulässigen Grenzwertes lagen. Drei Jahre später, im September 2015, geht die US-Behörde mit ihren Erkenntnissen an die Öffentlichkeit: Der VW-Konzern habe Motoren mithilfe einer verbotenen Abschalteinrichtung manipuliert und damit gegen das Klimaschutzgesetz verstoßen.
Nach erheblichem Druck vonseiten der US-Umweltbehörde gestand VW die Abgasmanipulation öffentlich ein – auch wenn der Vorstand selbst keine Kenntnis von den Vorgängen gehabt hätte. Der Abgasskandal um die Dieselfahrzeuge nahm seinen Lauf. Das US-Justizministerium reichte Klage ein. Mittlerweile sind sogar einzelne Manager bereits verurteilt oder angeklagt (u. a. der ehemalige Vorstandschef Winterkorn).
Im Übrigen: Die meisten betroffenen Fahrzeuge, die mit dem manipulierten Motor des Typs EA-189 der ebenfalls in dem Dieselskandal verwickelten Firma Bosch ausgestattet sind, wurden in Europa verkauft, die meisten (2,8 Mio. Fahrzeuge) in Deutschland.
Däumchendrehen und Abwiegeln in Deutschland
Später schwappte der Dieselgate-Skandal von Volkswagen nach Europa: Der Bundesverkehrsminister setzte eine Untersuchungskommission ein, die prüfen sollte, ob beim Bau und der Prüfung der betroffenen Fahrzeuge die deutschen und europäischen Regeln eingehalten wurden. Nach und nach wurde immer mehr über die Manipulationen bekannt und entwickelte sich zum Abgasskandal, der in Anlehnung an die US-politische Affäre Watergate auch Dieselgate-Skandal genannt wird.
In Deutschland, dem am stärksten vom VW-Abgasskandal betroffenen Land, hingegen ging es schleppender voran. Ein Untersuchungsausschuss sollte klären, wann die Bundesregierung von den Manipulationen erfahren hat und warum sie nicht frühzeitig einschritt.
Die zuständigen Staatsanwaltschaften an den Sitzen der deutschen Firmenniederlassungen von VW und dessen Tochtergesellschaften wie Porsche nahmen die Ermittlungen auf. Diese laufen bis heute fort.
Außerdem wurden zwei Diesel-Gipfel angesetzt, auf denen sich Vertreter der betroffenen Autobauer an einen Tisch mit der Politik setzten, um mögliche verbraucherfreundliche Lösungen zu finden.
Doch erfreuliche Ergebnisse für den Verbraucher gab es nur bedingt. Während immer mehr Städte als Reaktion auf das Dieselgate vereinzelt Dieselfahrverbote aussprachen und planten, zeigten die bisherigen Maßnahmen nur bedingt Wirkung.
Insbesondere die Software-Updates, die die Schummelsoftware aushebeln sollen, und Rückrufe von immer mehr Dieselfahrzeugen von VW, Porsche & Co., scheinen sich als Lösung für den Diesel-Abgasskandal nur bedingt zu eignen. Das Problem: Es bestehen weiterhin Zweifel an der Wirksamkeit der Updates und zudem würden Betroffene, die ihr Auto entsprechend behandeln, ggf. auch Schadensersatzansprüche verlieren. Ohne das Update aber könnte die Stilllegung der Fahrzeuge drohen.
Abgasskandal: Welche Fahrzeuge sind betroffen?
Die Abgasaffäre betraf neben Audi, VW auch Fahrzeuge der Tochterfirmen wie Seat, Škoda, Porsche sowie BMW und den Motorenhersteller Bosch. Ebenso hat das Kraftfahrt-Bundesamt im Rahmen der Aufarbeitung vom Abgasskandal Daimler im Blick, dessen Vorstandschef bereits mehrfach zu Gesprächen vorgeladen wurde.
Beteiligt an dem sich um Diesel-Fahrzeuge entspinnenden Skandal sind jedoch nicht nur deutsche Autobauer, sondern darüber hinaus z. B. auch Ford (USA) und Fiat (Italien).
Zudem wurde mittlerweile bekannt, dass es zwischen den deutschen Autobauern zu weiteren Absprachen bezüglich Benzinern gekommen sein soll, die die Vermeidung von Partikelfiltern zum Ziel gehabt haben sollen.
Spezifische Informationen zu vom Abgasskandal betroffenen Automarken
Die Umrüstung von Dieselgate-Fahrzeugen und deren Auswirkungen
Um die Manipulationen rückgängig zu machen, führte Volkswagen an den betroffenen Diesel-Fahrzeugen ein Software-Update durch. Hierdurch sollten die Stickoxid-Werte auf den gesetzlich zulässigen Stand reduziert werden. Den VW-Kunden entstanden hierdurch keine Kosten.
Dieses Update war notwendig für die Betriebserlaubnis des Wagens. Wenn Autobesitzer auf dieses Update verzichten, könnten sie spätestens bei der nächsten Hauptuntersuchung in Schwierigkeiten geraten. Im schlimmsten Fall wird das Fahrzeug zwangsstillgelegt.
Allerdings wurde über die Auswirkungen dieses Software-Updates rege gestritten. Zahlreiche Autobesitzer beklagten nach dem Dieselgate-VW-Update verschiedene Nebeneffekte im Straßenverkehr, die jedoch weder vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) noch von VW bestätigt wurden. Hierfür gibt es eine einfache Erklärung: Das VW-Dieselgate-Update wurde nur im Prüfstand untersucht, nicht jedoch im Straßenverkehr. Hier kann es zu Ergebnissen kommen, die vom Prüfstand abweichen:
- Nach dem Update sei ihr Verbrauch nach Feststellung vieler VW-Kunden auf bis zu 0,5 bis 1 Liter pro 100 Kilometer gestiegen, was der ADAC in mehreren Tests bestätigte.
- Viele VW-Fahrer mussten feststellen, dass ihr Auto nur noch eine geringere Leistung bringe und auch die ursprüngliche Höchstgeschwindigkeit nicht mehr erreiche.
- Außerdem nahmen einige Autofahrer der betroffenen VW-Marken nach dem Update klappernde Geräusche wahr.
- Ein strittiger Punkt ist der verrußte AGR-Filter: Das Update zur Dieselgate-Software verringert zwar den Stickoxid-Ausstoß, erhöht nach Expertenansicht aber gleichzeitig den Rußpartikelausstoß. Dies führe dazu, dass der AGR-Filter deutlich schneller verschleiße. Unter Experten ist jedoch umstritten, ob wirklich das Update für den schnelleren Verschleiß verantwortlich sei. Denn ein verrußter Filter komme gerade bei älteren Autos öfter vor.
Während VW zunächst betonte, dass keinerlei Schäden durch ein Software-Update bekannt seien, räumte der Konzern inzwischen ein, dass in Einzelfällen Schwierigkeiten aufgetreten seien. Sollten sich die Fälle häufen, in denen sich das Software-Update negativ auswirkt, muss der Autokonzern mit Schadensersatzklagen rechnen.
Hier erfahren Sie mehr über Software-Updates bei Autos:
Nach dem Volkswagen-Abgas-Skandal müssen Volkswagen & Co ein Software-Update durchführen, damit die Stickstoffemissionen der betroffenen Fahrzeuge reduziert werden. Zusätzlich bieten immer mehr deutsche Autobauer ein freiwilliges Update an. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Ratgeber. » Weiterlesen...
Rechtliche Möglichkeiten von VW-Kunden bei Problemen nach der Umrüstung
Vor der Nachrüstung
Damit stehen VW-Kunden vor einem Dilemma: Entweder sie riskieren die Stilllegung ihres Autos, wenn sie das Update verweigern oder sie müssen mit Schäden an ihrem Wagen rechnen, wenn das Update doch installiert wird. Wie sollen sie sich verhalten?
- Ein auf den VW-Skandal spezialisierter Anwalt empfahl, ein Software-Update nur unter Vorbehalt durchführen zu lassen. So blieben weitergehende Ansprüche gegen den Autohersteller bestehen.
- Außerdem riet die Verbraucherzentrale dazu, das eigene Auto nur dann umrüsten zu lassen, wenn die Werkstatt diese Reparatur schriftlich VW zurechnet.
Nach der Umrüstung von Dieselgate-Autos
Zwar gewährte VW seinen Kunden eine freiwillige Garantie für den Fall, dass das Software-Update oder eine andere aufgrund von Dieselgate erforderliche Nachrüstung Schäden am Auto verursacht. Doch dies ist eben nur eine freiwillige Leistung und keine gesetzliche Garantie. Zudem steht der Käufer vor der Schwierigkeit, vor Gericht beweisen zu müssen, dass die strittigen negativen Auswirkungen auf dem Software-Update beruhen.
Was als umweltfreundliches Auto vom Konzern verkauft wurde, entpuppte sich als das völlige Gegenteil. Viele VW-Kunden fühlen sich durch die Schadstoff-Manipulation betrogen und erwarten Schadensersatz vom Autohersteller. Außerdem haben sie Bedenken, dass ihr Auto aufgrund des Dieselgate-Skandals an Wert verlieren wird und sie bei einem Verkauf ihres Wagens nur noch einen deutlich geringeren Preis verlangen könnten.
Wegen Dieselgate in den USA schlossen sich viele amerikanische VW-Kunden zu einer Sammelklage gegen den Konzern zusammen und erwirkten einen Vergleich, der neben einer Rückgabe oder Umrüstung des Wagens zusätzlich Schadensersatzzahlungen vorsah. Dies erwarten auch die deutschen Kunden.
Doch in Deutschland gilt ein anderes Rechtssystem, das die Möglichkeit einer Sammelklage zum Abgasskandal nicht vorsieht. Wer dennoch aus den genannten Gründen gegen VW vorgehen möchte, müsste allein gegen den Autobauer klagen. Wer mit diesem Gedanken spielt, sollte sich von einem Anwalt zu den Erfolgsaussichten beraten lassen, auch weil die meisten Ansprüche der vom Dieselskandal betroffenen Verbraucher bereits verjährt sind.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. VI ZR 252/19) muss Volkswagen seinen Kunden Schadensersatz bezahlen, wenn sie einen Wagen mit dem Motortyp EA 189 besitzen – allerdings abzüglich eines Ausgleichs für bereits gefahrene Kilometer.
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