Die Deutsche Umwelthilfe (DUH): Abmahnverein oder Weltverbesserer?
Letzte Aktualisierung am: 8. September 2024
Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten
Der Kampf gegen den Diesel
Die DUH (Deutsche Umwelthilfe) ist zu einem wichtigen Akteur rund um den Abgasskandal und die Diesel-Fahrverbote geworden. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation klagte schon gegen einige Bundesländer für die Einhaltung der EU-Luftqualitätsziele.
In den Medien geriet die Deutsche Umwelthilfe dadurch zunehmend in die Kritik, ein Abmahnverein zu sein, welcher die Abmahngebühren als Einnahmequelle nutzt. In unserem Ratgeber wollen wir beleuchten, welche selbsternannten Ziele die DUH verfolgt.
Zudem erfahren Sie, warum es überhaupt möglich ist, dass die Deutsche Umwelthilfe Klage gegen einzelne Bundesländer erheben kann und warum der Verbraucherschutzorganisation eine tragende Rolle in der Diskussion rund um die Diesel-Fahrverbote zuteilwird.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Deutsche Umwelthilfe
Ja, da der Verein keine eigenwirtschaftlichen Ziele verfolgt. Finanzielle Mittel und Überschüsse dürfen gemäß Satzung nur zur Förderung des Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzes genutzt werden.
Oft wird von staatlicher Seite nicht kontrolliert, ob ein Unternehmen die Vorschriften zum Umwelt- und Verbraucherschutz tatsächlich befolgt, was mitunter für Schummeleien ausgenutzt wird. Die DUH übernimmt in ihrer Funktion als Umwelt- und Verbraucherverband die Aufgabe der Kontrolle und sorgt dafür, dass Verstöße bestraft werden.
Obwohl bei den Verbraucherschutzklagen der DUH mitunter auch Gewinne für den Verein abfallen, liegt hier kein Rechtsmissbrauch vor, wie der BGH im Juli 2019 verkündete. Der Vorwurf eines Autoherstellers, es ginge der DUH nur um Profite und nicht um den Verbraucherschutz, wurde damit zurückgewiesen.
Was ist die Deutsche Umwelthilfe eigentlich?
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. ist eine deutsche Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation, welche circa 113 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt. Sie setzt sich vorrangig für die Natur und den Klimaschutz ein.
Die DUH verfügt über mehrere Standorte, darunter Berlin, Hannover und Radolfzell. Nach eigenen Angaben verfolgt die Deutsche Umwelthilfe ausschließlich gemeinnützige Zwecke und keine eigenwirtschaftlichen Interessen.
Sich selbst beschreibt die Verbraucherorganisation wie folgt:
Seit über 40 Jahren setzt sich die Deutsche Umwelthilfe für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen ein. Wie keine andere Organisation in Deutschland verbindet sie dabei den Schutz von Umwelt und Verbrauchern.
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. wurde 1975 gegründet. Sie ist politisch unabhängig, als gemeinnützig anerkannt, klageberechtigt und engagiert sich vor allem auf nationaler und europäischer Ebene.
Quelle: duh.de
Welche Ziele verfolgt die DUH?
Zentrales Thema der Deutschen Umwelthilfe ist der Umweltschutz. In diesem Bereich ist die Verbraucherschutzorganisation besonders aktiv, was sich vor allem in der Diskussion rund um Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten bemerkbar macht.
Die Liste der Projekte, welche durch die DUH angestoßen oder unterstützt werden, geht allerdings weit über Dieselfahrzeuge hinaus.
So hat die Organisation zum Beispiel in den Jahren 2010 bis 2012 in Zusammenarbeit mit dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) den Ausbau der Erneuerbaren Energien in elf Kommunen untersucht, um aufzuzeigen, was schon erreicht wurde und welche Verbesserungen möglich sind.
Zahlreiche andere Projekte gehen ebenfalls auf das Konto der Deutschen Umwelthilfe. Auf ihrer Internetseite beschreibt die DUH ihre Ziele selbst so:
Wir setzen uns für nachhaltige Lebensweisen und Wirtschaftsformen ein, die ökologische Belastungsgrenzen respektieren. Gleichzeitig kämpfen wir für den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Schutz der Naturgüter sowie für den Klimaschutz. Unsere Überzeugung: Nur eine auf Effizienz und regenerativen Energien basierende Energieversorgung, eine nachhaltige Mobilität, der verantwortungsvolle Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen sowie die Vermeidung von Abfällen können den Erhalt unseres Planeten sichern.
Quelle: duh.de
Deutsche Umwelthilfe: Wie die Finanzierung abläuft
Auch die Deutsche Umwelthilfe kann ohne finanzielle Unterstützung nicht aktiv werden und die selbst ernannten Ziele erfüllen. Die Organisation finanziert sich hauptsächlich durch Spenden. Diese kommen sowohl von Privatpersonen als auch Unternehmen sowie öffentlichen und gesellschaftlichen Institutionen.
Es kann sich dabei um finanzielle Zuwendungen für einzelne Projekte oder grundsätzliche Spenden handeln. Als Förderer kann dabei jedermann auftreten und sich ein entsprechendes Spendenmodell aussuchen. Die Summe bestimmt jeder Spender selbst.
Die Organisation selbst erklärt, dass sie auf einen ausgewogenen Mix an Einnahmequellen achten würde, sodass weder Unternehmen noch staatliche Einrichtungen die Ausrichtung der Deutschen Umwelthilfe beeinflussen können.
Um eine größtmögliche Transparenz zu gewährleisten, veröffentlicht die DUH ihren Jahresbericht auf der eigenen Webseite. Aufsehen erregte dabei, dass der Autohersteller Toyota zum Kreis der Spender der DUH gehörte.
Im Jahr 2018 erhielt die Verbraucherschutzorganisation 30.000 Euro vom Automobilhersteller. Eine Beeinflussung in Fragen rund um Abgaswerte weist die DUH allerdings entschieden zurück. Zudem hat sie auch schlechte Abgaswerte eines Toyota-Modells aufgedeckt und öffentlich gemacht.
Wann die Deutsche Umwelthilfe eine Abmahnung aussprechen kann
Eine weitere wichtige Einnahmequelle, welche von der Deutschen Umwelthilfe gerne heruntergespielt wird, ist das Versenden von Abmahnungen. Diese Abmahnpolitik wird gerne als „Marktüberwachung“ deklariert, macht allerdings einen nicht geringen Teil der Einnahmen der DUH aus.
Daher steht die Deutsche Umwelthilfe immer häufiger in der öffentlichen Kritik. So würden sich Mitarbeiter des Vereins gezielt auf die Suche nach Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht machen und immer wieder Abmahnungen an Autohäuser, Immobilienmakler und Elektrohändler verschicken.
Bei diesen abmahnwürdigen Verstößen handelt es sich beispielsweise um mangelnde Energieverbrauchskennzeichnungen oder fehlerhafte Angaben zum durchschnittlichen Verbrauch eines Kfz durch Autohändler.
Wird ein entsprechender Verstoß festgestellt, erhält der Betroffene ein Abmahnschreiben, für welches 245 Euro verlangt werden. Zudem wird eine Unterlassungserklärung beigefügt. Wird diese unterzeichnet, fällt bei einem erneuten Verstoß eine Vertragsstrafe im vierstelligen Bereich an.
Rolle der Deutschen Umwelthilfe beim Diesel
Wie bereits erwähnt, ist die Deutsche Umwelthilfe einer der Hauptakteure, wenn es darum geht, Diesel-Fahrverbote durchzusetzen. Bevor wir genauer auf die Rolle der DUH eingehen, wollen wir zunächst beleuchten, was es mit der ganzen „Diesel-Problematik“ eigentlich auf sich hat.
Seit dem Abgasskandal sind Dieselfahrzeuge aus den Medien nicht mehr wegzudenken. Fast täglich wird über die „Übeltäter“ gesprochen, welche Schuld daran sein sollen, dass die Luft in deutschen Städten verschmutzt ist.
Hintergrund ist eine EU-Verordnung, welche vorsieht, dass die maximale Stickstoffdioxidbelastung in Städten im Jahresmittelwert 40 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht überschreiten darf. Diese Grenzwerte werden häufig überschritten.
Auch die Luftreinhaltungspläne, welche in den einzelnen Städten und Kommunen erstellt wurden, konnten dem Problem bisher nicht so entgegenwirken, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Daher rücken Diesel-Fahrverbot für einzelne Stadtteile oder Straßen immer mehr in den Fokus.
Da die Deutsche Umwelthilfe klageberechtigt ist, hat sie die Möglichkeit, die Einhaltung der Grenzwerte gerichtlich durchzusetzen und drängt daher vielerorts auf Diesel-Fahrverbote und feierte dabei schon große Erfolge, auf die wir im nachfolgenden Abschnitt genauer eingehen werden.
Beispiele für Dieselklagen der DUH
Unter den „Opfern“ der Diesel-Klagen durch die DUH befinden sich unter anderem die Hauptstadt Berlin, Essen, Darmstadt, Stuttgart und Frankfurt uvm. In Hamburg und Stuttgart sind die Fahrverbote bereits in Kraft, vielerorts ist die Einführung noch in diesem Jahr geplant.
Nachfolgend informieren wir Sie, wie es in Stuttgart und Frankfurt am Main zur Einführung vom Diesel-Fahrverbot kam bzw. welche Maßnahmen konkret geplant sind.
Diesel-Fahrverbot: Mit Stuttgart hat alles begonnen
Am 28. Juli 2017 gab es den ersten gerichtlichen Erfolg für die Deutsche Umwelthilfe im Kampf um saubere Luft: Die Organisation gewann in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart einen Prozess gegen das Land Baden-Württemberg.
Das Urteil sieht vor, dass der Luftverschmutzung in Stuttgart durch Diesel-Fahrverbote einhalten geboten werden müsse. Gesagt, getan: Sei dem ersten Januar gilt in der Umweltzone in Stuttgart (umfasst das gesamte Stadtgebiet) ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mit Motoren der Abgasnorm Euro 4 oder weniger.
Einheimische profitieren aktuell noch von einer Ausnahmegenehmigung, welche allerdings zum ersten April (nein, kein Scherz) 2019 abläuft. Ab diesem Tag sind auch Stuttgarter vom Fahrverbot betroffen und können bei entsprechenden Verstößen sanktioniert werden.
Ebenfalls in Planung ist, das Verbot auf Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 auszuweiten. Allerdings ist noch nicht abschließend geklärt, ob dieses überhaupt notwendig ist. Eine Überprüfung der Schadstoffwerte Mitte 2019 soll Aufschluss zu dieser Frage geben.
Diesel-Fahrverbot in Frankfurt am Main
Auch in Frankfurt am Main werden die Grenzwerte zur Stickstoffdioxidbelastung überschritten, daher beschloss das Verwaltungsgericht Wiesbaden im September 2018, das Diesel-Fahrverbote eingeführt werden müssen.
Davon Betroffen sind Diesel der Schadstoffnormen Euro 1-4 und Benziner der Schadstoffnormen Euro 1-2. Ursprünglich sollten die Fahrverbote zum ersten Februar in der Mainmetropole in Kraft treten – sind sie bisher aber nicht.
Grund für die Verzögerung ist, dass Hessen gegen die Entscheidung vom Wiesbadener Gericht in Berufung gegangen ist. Solange das Hauptverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel nicht abgeschlossen ist, werden keine Diesel-Fahrverbote in Frankfurt eingeführt.
Ein Umstand, welcher die Deutsche Umwelthilfe dazu veranlasst hat, einen Eilantrag auf Einführung des Diesel-Verbots zum Februar zu stellen. Allerdings bliebt dieser ohne Erfolg. Dadurch, dass das Verfahren in der Schwebe hängt, gibt es bis dato noch keine konkreten Pläne, wie das Diesel-Fahrverbot in Frankfurt am Main genau aussehen könnte.
Warum ist die Verbraucherschutzorganisation eigentlich klageberechtigt?
Verbraucherschutzverbände wie zum Beispiel der Deutsche Mieterbund oder die Verbraucherzentralen sind in Deutschland klageberechtigt. Auch die Deutsche Umwelthilfe wird in der Liste der qualifizierten Einrichtungen beim Bundesamt für Justiz gelistet und ist somit berechtigt, Klagen einzureichen.
§ 4 Absatz 2 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) definiert, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Vereine in die Liste aufgenommen und somit eine Klageberechtigung erhalten können:
In die Liste werden auf Antrag rechtsfähige Vereine eingetragen, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wenn
- sie mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder haben,
- sie mindestens ein Jahr bestanden haben und
- auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit gesichert erscheint, dass sie ihre satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen werden.
Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen und andere Verbraucherverbände, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, diese Voraussetzungen erfüllen. […]
Zusätzlich ist die Umwelthilfe eine in Deutschland anerkannte Naturschutzorganisation. Dieser Status ermöglicht Klagen vor den zuständigen Verwaltungsgerichten. Dadurch kann die Deutsche Umwelthilfe Diesel-Fahrverbote in den einzelnen Städten und Kommunen vor Gericht durchsetzen.
Tempolimit auf der Autobahn: Auch hier mischt die Deutsche Umwelthilfe mit
Diesel-Fahrverbote sind allerdings nicht die einzige Maßnahme für saubere Luft, auf welche die Deutsche Umwelthilfe drängt. Im Dezember 2018 machte die Organisation sich mit einer breit angelegten Kampagne für die Einführung von einem generellen Tempolimit auf der Autobahn stark.
Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, äußerte sich diesbezüglich wie folgt:
Die Einhaltung der Klimaschutzziele 2020 gelingt nicht ohne den Verkehrssektor. Die Deutsche Umwelthilfe fordert deshalb noch in diesem Jahr ein Tempolimit von 120 km/h auf allen Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen. Damit ließen sich bis zu fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Diese Maßnahme kostet den Verbraucher keinen Cent und erhöht die Sicherheit auf den Straßen[.]
Dieser Vorschlag fand einige Mitstreiter, stieß allerdings sowohl in der Politik als auch bei der Bevölkerung auf herbe Kritik. Nach aktuellem Stand ist die Einführung von einem generellen Tempolimit auf deutschen Autobahnen erst einmal vom Tisch.
Deutsche Umwelthilfe: Kritik aus Politik und Medien
Selbst stellt sich die Deutsche Umwelthilfe als Kämpfer für den Klimaschutz und Verbraucherorganisation, der die Gesundheit aller Menschen am Herzen liegt, dar. In den Medien ist die DUH jüngst immer häufiger in die Kritik geraten.
Zum einen wird ihr vorgeworfen, dass sie ein profitorientierter Abmahnverein wäre, anderen schlägt die rücksichtlose Art und Weise, mit der die Diesel-Fahrverbote eingeklagt werden, schwer auf. Aus der Politik tritt vor allem die CDU als großer Kritiker der DUH auf.
So fordert die Partei, dass kein Geld vom Bund mehr an die Deutsche Umwelthilfe fließen soll und möchte der Organisation sogar die Gemeinnützigkeit aberkennen lassen. Ob die Partei damit Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten.
Ist die Deutsche Umwelthilfe seriös?
Abschließend bleibt noch die Frage zu klären, ob die Deutsche Umwelthilfe eine seriöse Verbraucherorganisation darstellt. Fakt ist, dass sich die Organisation sehr stark für den Umweltschutz einsetzt.
Allerdings hat die DUH längst nicht das Wohl aller Verbraucher im Blick, was die Klagewelle wegen der Diesel-Fahrverbote deutlich zeigt. Zudem ist der Vorwurf, dass die Deutsche Umwelthilfe einen Abmahnverein darstellt, nicht ganz von der Hand zu weisen. Immerhin werden so rund 30 Prozent der Einnahmen generiert.