Aufreger: Diesel – Ein neues Gesetz stellt Fahrverbote in Frage
Letzte Aktualisierung am: 25. August 2024
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Bundesrat stimmt neuem Diesel-Gesetz zu
Seit dem VW-Abgasskandal 2015 ist das Thema ein Daueraufreger: Diesel. Ein neues Gesetz soll die erhitzen Gemüter der zu Recht aufgeregten Autofahrer und vor allem der Diesel-Besitzer beruhigen. Der Bundesrat hat zum Thema Diesel einem Gesetz des Bundestages zugestimmt, das Fahrverbote erst ab einem Jahresdurchschnittswert von 50 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft für verhältnismäßig erklärt.
Zusammen mit den notwendigen Änderungen am Straßenverkehrsgesetz (StVG) soll die neue Regelung am 1. April in Kraft treten. Allerdings bleibt es den Kommunen der einzelnen Bundesländer selbst überlassen, ob sie ein Diesel-Fahrverbot als nötig erachten, um den Luftreinhalteplan einhalten zu können.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Diesel-Gesetz
Welche Folgen sich aus dem neuen Diesel-Gesetz im Detail ergeben, lesen Sie hier.
Welche Fahrzeuge zu den Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot zählen, erfahren Sie hier.
Bei stichprobenartigen Verkehrskontrollen sollen Polizisten oder Ordnungsbeamte die Fahrzeugpapiere überprüfen, um so festzustellen, ob das Dieselverbot eingehalten wird oder nicht.
Diesel-Gesetz könnte Fahrverbote kippen
Das neue Diesel-Gesetz könnte dafür sorgen, dass bereits verhängte Fahrverbote wieder aufgehoben werden. Derzeit (Stand März 2019) gelten solche in Hamburg und Stuttgart (für Fahrer von außerhalb). Für viele weitere Städte, wie zum Beispiel Berlin, Köln und Essen, stehen Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge aber für etwa Mitte des Jahres auf dem Plan.
Das Diesel-Gesetz, richtigerweise Immisionsschutzgesetz, legt den Grenzwert für das Jahresmittel an Stickoxiden bei 50 Mikrogramm NOx/m³ Luft an. In Europa gilt eigentlich ein Grenzwert von 40 Mikrogramm. Die EU-Kommission hatte aber gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung kein Veto eingelegt, woraus sich eine Zustimmung schließen lässt. Diese ist allerdings nicht bindend, weshalb der Europäische Gerichtshof im Falle einer Klage anders entscheiden kann.
Neues Diesel-Gesetz muss mit Straßenverkehrsgesetz einhergehen
Für den Diesel soll die neue Regelung zusammen mit einer Änderung des Straßenverkehrsgesetzes in Kraft treten. Diese ist nötig, damit die neue Regelung für Diesel-Fahrzeuge auch kontrolliert werden kann. Derzeit werden Diesel-Fahrverbote etwa in der Hansestadt Hamburg nur stichprobenartig mit einem Blick in die Fahrzeugpapiere durch Polizisten oder Ordnungsbeamte überprüft. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass das auch künftig die Methode zur Kontrolle sein soll.
Bei einem Verstoß gegen das Diesel-Fahrverbot in Hamburg drohen PKW-Fahrern 25 Euro Bußgeld. LKW-Fahrer zahlen 75 Euro. In Stuttgart werden Bußgelder bis zu 80 Euro für einen Verstoß gegen Diesel-Fahrverbote verlangt. Basis für die Beträge in Hamburg bildet der Bußgeldkatalog zu Durchfahrverboten und in Stuttgart der für das Befahren einer Umweltzone. Punkte in Flensburg für das Durchfahren solch einer Zone sind zunächst nicht vorgesehen.
Automatischer Kennzeichenabgleich für Diesel: Gesetz streicht „Überwachung“
Die Bundesregierung hat für Diesel im neuen Gesetz auch beschlossen, dass es keine stationären Geräte zur Überwachung geben darf. Kontrollen dürfen nur mobil erfolgen und die Daten müssen nach spätestens zwei Wochen gelöscht werden, selbst wenn eine Ordnungswidrigkeit noch nicht mittels Bußgeldbescheid verfolgt werden konnte. Die Regierung hatte den Begriff „Überwachung“ aus dem Gesetzentwurf gestrichen und durch „Überprüfung der Einhaltung“ der Fahrverbote ersetzt.
Allerdings dürfen die Kontrollen mittels automatischem Kennzeichen-Abgleich durch mobile Geräte erfolgen, was bis zuletzt stark diskutiert wurde. Dabei werden Fotos vom Autofahrer und vom Kfz erstellt und die Daten anschließend mit Informationen des Kraftfahrt-Bundesamtes verglichen. Die Daten werden bei gesetzestreuen Fahrern zwar wohl gleich wieder gelöscht und sind zudem verschlüsselt, Kritiker sehen aber trotzdem einen massiven Eingriff in die Grundrechte durch diesen automatischen Abgleich.
Neue Gesetze für Dieselfahrzeuge machen Ausnahmen
In Bezug auf das Diesel-Auto wurden im Gesetz jedoch auch einige Ausnahmen bestimmt, die eine Kontrolle weiter erschweren. Zudem speichert das Kraftfahrt-Bundesamt im Fahrzeugregister zwar Daten zum Schadstoffausstoß von Kfz, die Kontrollsysteme laufen aber Gefahr, die ganzen Sonderregelungen nicht zu erkennen. Dadurch könnten Sie demnächst einen fehlerhaften Bußgeldbescheid zugestellt bekommen. Innerhalb von zwei Wochen haben Sie die Möglichkeit, Einspruch gegen diesen einzulegen. Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann Ihnen dabei helfen. Nach der Diesel-Gesetzesänderung sind folgende Fahrzeuge und Fahrzeugklassen von den Fahrverboten ausgenommen:
- Diesel-Fahrzeuge mit der Euro-Norm 6
- Diesel-Autos mit der Euro-Norm 4 und 5, die weniger als 270 Mikrogramm Stickoxide je Kubikmeter Luft ausstoßen (dafür ist in der Regel eine Nachrüstung nötig)
- Autos von Handwerkern, Lieferanten und der Kommune
- Aufgerüstete Busse und Entsorgungs- sowie Einsatzfahrzeuge
Jede Stadt darf laut Diesel-Gesetz weitere Ausnahmen festlegen. Das Einführen einer blauen Plakette für ein schadstoffarmes Auto auf deutschen Straßen hat die Union abgelehnt. Eine blaue Plakette wäre wesentlich leichter einzuführen als die Kennzeichenscanner und das zu geringeren Kosten. Die Linke beharrt auf einem Aufkleber auf der Windschutzscheibe, unter anderem weil dieser sehr viel weniger in die Persönlichkeitsrechte eingreifen würde.
Sind auch Euro 6-Autos vom neuen Diesel-Gesetz betroffen?
Beim Thema Diesel sagt das Gesetz bis jetzt, dass Diesel-Fahrzeuge mit der Euro-Norm 6 nicht von Fahrverboten in den Städten betroffen sein werden. Diese Regelung ist aber nicht festgeschrieben und letztendlich entscheidet jede deutsche Stadt für sich, ob sie auch Euro-6-Diesel in die Fahrverbote einschließen will, ob sie überhaupt Fahrverbote ausspricht, um den Luftreinhalteplan einhalten zu können und ob sie Durchfahrverbote beispielsweise schon ab 40 Mikrogramm Stickoxiden pro Kubikmeter Luft verhängt, obwohl dies durch einen Beschluss der Bundesregierung eigentlich erst ab 50 Mikrogramm als verhältnismäßig gilt. Ist das jedoch die einzige Möglichkeit, das Ziel der sauberen Luft erreichen zu können, ist auch diese Methode erlaubt.
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