Schilder fehlinterpretiert: Doppeltes Bußgeld ist zulässig
News von bussgeldkatalog.org, veröffentlicht am: 24. September 2021

Ein Irrtum im Zusammenhang mit der Bedeutung von Verkehrszeichen schützt nicht davor, ein erhöhtes Bußgeld zu erhalten. Verkehrsteilnehmer müssen grundsätzlich selbst dafür sorgen, dass sie wissen, was Zeichen bedeuten und welche Folgen ein Verstoß gegen die dargestellten Vorschriften haben kann. Das bestätigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main (Az.: 2 Ss-OWi 1228/20). Ein Fahrer hatte gegen ein erhöhtes Bußgeld Einspruch eingelegt und dies damit begründet, dass er Schilder fehlinterpretiert habe.
Bedeutung von Verkehrszeichen: Fahrer sind für das Wissen selbst verantwortlich
Wer Schilder fehlinterpretiert, ist nicht davor gefeit, die Konsequenzen für den begangen Verkehrsverstoß dennoch tragen zu müssen. Denn jeder Verkehrsteilnehmer ist selbst dafür verantwortlich, Verkehrszeichen richtig lesen und interpretieren zu können. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main ließ nicht gelten, dass der Beschuldigte die Schilder zwar erkannte, aber deren Bedeutung falsch auslegte.
Darüber hinaus bestätigte das Gericht auch das verhängte doppelte Bußgeld, da auch bei einer solchen Fehlinterpretation eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung vorliege. In der Urteilsbegründung ist dies wie folgt formuliert:
Beruht das verkehrsordnungswidrige Verhalten auf einem aufgrund mangelnder präsenter Kenntnis der Straßenverkehrsvorschriften beruhenden Wertungs- bzw. Interpretationsirrtum des Betroffenen über die rechtliche Bedeutung der von ihm optisch richtig und vollständig wahrgenommenen Beschilderung ist regelmäßig von einem vermeidbaren Verbotsirrtum auszugehen, der den Tatvorsatz unberührt lässt.
Zusatzschilder als Grund für Fehlinterpretation
Der beschuldigte Fahrer war auf einem Autobahnabschnitt unterwegs, auf dem die Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen schrittweise erst auf 100 km/h, dann 80 km/h und zuletzt auf 60 km/h gesenkt wurde. Durch ein weiteres Zeichen wurde ein Überholverbot angezeigt, welches durch Zusatzzeichen auf Busse und LKW beschränkt war.

Der Fahrer hat nach eigenen Aussagen zwar das Zeichen für die Geschwindigkeitsbegrenzung richtig erkannt, die Schilder aber so fehlinterpretiert, dass er mit 123 km/h bei erlaubten 60 km/h geblitzt wurde. Er ging davon aus, dass das Tempolimit aufgrund der Zusatzschilder ebenfalls nur für Busse und LKW galt.
Die zuständige Bußgeldbehörde wertete dies jedoch als vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung, da die entsprechenden Verkehrszeichen erkennbar und räumlich getrennt voneinander angebracht waren. Dies bestätigte das Oberlandesgericht und stufte den Verstoß als vermeidbaren Irrtum ein. Zudem hätte der Fahrer sich der Geschwindigkeitsbeschränkung durch die beidseitige Beschilderung sowie die Ankündigung einer Verkehrskontrolle bewusst sein müssen.
Um zu vermeiden, dass Verkehrsteilnehmer Schilder fehlinterpretieren, gibt es Straßenverkehrsordnung (StVO) auch Regelungen zu den Zusatzzeichen. In § 39 StVO ist Folgendes bestimmt:
Sie sind unmittelbar, in der Regel unter dem Verkehrszeichen, auf das sie sich beziehen, angebracht.
Sind Verkehrszeichen wie im nachfolgenden Beispiel angeordnet, gilt das Zusatzzeichen also für das Überholverbot, aber nicht für die Geschwindigkeitsbeschränkung. Hier besteht das Überholverbot also nur für LKW und LKW mit Anhängern:

Bei dem bestehenden Schilderwald wäre es ein kleiner Aufwand, die Schilder (wie sie oben dargestellt sind) unmissverständlich voneinander zu trennen. Eine vertikale Trennung (wie sie oben dargestellt ist) kann deshalb zu Fehlinterpretationen Anlass geben, was bei einer deutlichen räumlichen Trennung (2 Schilder) ausgeschlossen werden könnte.
Das soll keine Wertung des aufgeführten Falls darstellen, hätte aber eine gerichtliche “Nachbehandlung” unnötig gemacht.