Gesetzliche Impfpflicht in Deutschland

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 8. September 2024

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Hinweis: Bislang gibt es in Deutschland lediglich eine Masern-Impfpflicht sowie eine einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht. Eine einrichtungsunabhängige Corona-Impfpflicht lehnte die Mehrheit der Bundestagsmitglieder Anfang April 2022 ab. Es ist aktuell nicht davon auszugehen, dass es einen neuen Versuch für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht geben wird.

Bußgeldkatalog: Verstoß gegen die Impfpflicht – droht ein Bußgeld?

Folgende Bußgelder sieht das Infektionsschutzgesetz vor, wenn Personen gegen die Impfpflicht in Kindergarten, Schule & Co. verstoßen:

Verstoß gegen die ImpfpflichtBußgeld
fehlender, fehlerhafter oder unrichtiger Nachweis über Impfung bzw. Immunisierung gegen Masernbis 2.500 €
unzulässige Beschäftigung einer Person, für die ein entsprechender Nachweis fehltbis 2.500 €
Verstoß gegen die Meldepflicht gegenüber den Behörden bei fehlendem Nachweisbis 2.500 €
trotz Untersagung wegen fehlenden Nachweises durch das Gesundheitsamt die Einrichtung betretenbis 2.500 €
Im Übrigen: Personen müssen per se nicht die Masern-Impfung nachweisen, sondern streng genommen lediglich die Immunität gegen die Erkrankung. Diese kann etwa auch nach durchgemachter Infektion bestehen. Ein Arzt kann die Immunität nach einer Untersuchung bescheinigen. Gab es keine vorhergehende Infektion, ist der Impfnachweis zu erbringen. Diese Pflicht wiederum entfällt, wenn ein ärztliches Attest bestätigt, dass eine Impfung aufgrund der gesundheitlichen Disposition des Betroffenen nicht möglich ist (Kontraindikation).

Was halten Sie von der eingeführten Impfpflicht in Deutschland?

Wie weit reicht die Impfpflicht und wer ist von ihr betroffen?

Droht ein Bußgeld, wenn gegen Impfpflicht oder Meldepflicht verstoßen wird?
Droht ein Bußgeld, wenn gegen Impfpflicht oder Meldepflicht verstoßen wird?

Schon seit die ersten Stimmen eine Masern-Impfpflicht in Deutschland ins Gespräch brachten, führte die Idee zu kontroversen Diskussionen. Von Einschränkung der persönlichen Freiheit war vielerorts die Rede. Eltern sahen sich bevormundet, ihre Kinder gefährdet. Die Emotionen kochten hoch. Und es köchelt noch immer.

Hintergrund dafür, dass seit dem 1. März 2020 die Masern-Impfung Pflicht ist: In Deutschland und Europa kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu weitläufigen Ausbrüchen. Das Problem hierbei: Masern sind mitnichten eine harmlose Kinderkrankheit. Eine Infektion kann zu schwerwiegenden Komplikationen und Spätfolgen führen. Zudem ist das Virus hochansteckend. Doch gilt eine Impfpflicht eigentlich auch für andere Schutzimpfungen?

FAQ: Impfpflicht in Deutschland

Seit wann gibt es eine Masern-Impfpflicht in Deutschland?

Die Impfpflicht gilt seit dem 1. März 2020. Die Gesetzesvorlage zur Impfpflicht, die von Bundestag und Bundesrat zuvor verabschiedet wurde, trat an diesem Tag in Kraft. Am 1. August 2022 endete zudem die Übergangsfrist. Ausnahmen von der Nachweispflicht gibt es nun nicht mehr.

Gibt es ein eigenes Impfgesetz in Deutschland?

Nein. Die neu eingeführte Impfpflicht basiert auf gesetzlichen Anpassungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).

Für wen gilt die Impfpflicht?

Welche Personen sich gegen Masern impfen lassen müssen, lesen Sie hier. Ein Verstoß gegen die Regeln zur Impfpflicht können Bußgelder von bis zu 2.500 Euro nach sich ziehen. Eine Übersicht gibt diese Tabelle.

Gibt es weitere gesetzlich vorgeschrieben Impfungen?

Nein. Die Impfpflicht erfasst lediglich die Masernimpfung. Allerdings gibt es zahlreiche Impfempfehlungen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Welche Impfungen sind in Deutschland Pflicht?

Eine gesetzliche Impfpflicht gab es im wiedervereinigten Deutschland bis zum März 2020 nicht. Damit gilt diese bislang einzig für Masernimpfungen. Auch eine Impfpflicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 – sofern es denn überhaupt einen Impfstoff in naher Zukunft geben wird, schließt die Regierung aus.

Es gibt jedoch allgemeine grundsätzliche Impfempfehlungen. Durch diese soll etwa eine Grundimmunität gegen häufige und vor allem ernsthafte Erkrankungen bewirkt und eine möglichst weitreichende “Herdenimmunität” erreicht werden.

Die Empfehlungen richten sich dabei auch nach unterschiedlichen Fragestellungen, z. B.:

Eine umfassende Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht, dafür aber Impfempfehlungen.
Eine umfassende Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht, dafür aber Impfempfehlungen.
  • Wie gefährdet ist eine Person, mit einem entsprechenden Erreger in Kontakt zu kommen?
  • Wie groß ist die Gefahr, andere Personen bei einer möglichen Erkrankung anzustecken?
  • Kommt die betroffene Person häufig mit Mitgliedern von Risikogruppen in Kontakt?
  • Gehört die betroffene Person selbst zu einer Risikogruppe?
  • Will die Betroffene Person in ein Gebiet reisen, in dem ein erhöhtes Risiko für die Ansteckung mit einzelnen Erkrankungen erhöht ist?

Grundsätzlich empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut, den eigenen Impfstatus stets im Blick zu behalten. Impfungen etwa gegen gegen die saisonale Grippe, Polio (Kinderlähmung), Tetanus und andere sind grundsätzlich empfehlenswert. Eine Impfpflicht gab es jedoch bis zur Einführung der Masern-Impfpflicht in der Bundesrepublik Deutschland nicht. In der DDR galt hingegen eine umfassende Impfpflicht für zahlreiche Erkrankungen, für die heute nur noch die Impfung empfohlen ist.

Welche Impfung ist zwar nicht Pflicht, aber mindestens empfohlen?

Die STIKO empfiehlt standardmäßig Impfungen gegen die folgenden Erkrankungen vornehmen zu lassen (inklusive Auffrischungsimpfungen, sofern erforderlich):

  • Diphtherie (vom Erreger abgesonderte Giftstoffe – Exotoxin – können zu lebensgefährlichen Komplikationen und schweren Spätfolgen führen; früher auch “Würgeengel der Kinder” genannt)
  • Hepatitis B (kann schwer zu therapierende, chronische Leberentzündungen auslösen, die letztlich auch zu Zirrhosen und Karzinomen führen können)
  • Hib = Haemophilus influenza b (kann unterschiedlichste Entzündungserkrankungen auslösen)
  • HPV (steht im verdacht, die Entstehung unterschiedlichsten Formen von Krebs zu begünstigen, u. a. Gebärmutterhalskrebs)
  • Influenza (Mehrfachimpfung gegen die drei bis vier häufigsten Grippeviren, die in dem Jahr voraussichtlich am weitesten verbreitet sein dürften)
  • Masern
  • Mumps (auch “Ziegenpeter”; kann zu schwerwiegenden Komplikationen wie Hirnhaut- oder Hodenentzündungen führen)
  • Meningokokken C (Infektion kann zu schwerwiegenden Komplikationen wie Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung führen)
  • Pertussis (auch “Keuchhusten”; besonders für Kleinkinder gefährlich, kann auch auch bei Erwachsenen unentdeckt zu teils schweren Komplikationen führen)
  • Pneumokokken (können zu schweren Erkrankungen der Atemwege führen, z. B. Lungenentzündung; auch eine Sepsis kann sich ergeben)
  • Poliomyelitis (auch “Kinderlähmung”; kann zu irreversiblen Lähmungen führen, bei Befall der Atemmuskulatur sogar bis hin zum Tod)
  • Rotaviren (können schwere Darminfektionen auslösen)
  • Röteln (können zu unterschiedlichen Entzündungserkrankungen führen, bei noch ungeborenen Kindern zudem zu schweren Missbildungen)
  • Tetanus (auch “Wundstarrkrampf”; oftmals tödlich verlaufende Infektionserkrankung, die muskelsteuernde Nervenzellen befällt)
  • Varizellen/Herpes Zoster (Windpocken bzw. Gürtelrose; bei Primärinfektion im Kindesalter Ausbildung der Windpocken, in höherem Alter Ausbildung einer Gürtelrose möglich)

Eine Komplettübersicht der Empfehlungen der STIKO inklusive des jeweils empfohlenen Impfalters finden Sie im Epidemiologischen Bulletin 34/2019 des Robert Koch-Instituts (PDF).

Für wen ist das Impfen Pflicht?

Besteht eine Impfpflicht in der Kita?
Besteht eine Impfpflicht in der Kita?

Die Impfpflicht gilt für Personen, die folgende Kriterien erfüllen:

  • Geburt nach 1970
  • Angestellte in Gemeinschaftseinrichtungen, in denen überwiegend – mind. 50 % – Minderjährige betreut werden (insbesondere Kita, Hort, Kindertagespflege, Schulen, Heime, Ferienlager) oder
  • in den Gemeinschaftseinrichtungen betreute Minderjährige oder
  • alle Angestellte in Gesundheitseinrichtungen – auch ohne direkten Patientenkontakt (z. B. Krankenhäuser, Arztpraxen, Rehazentren, Pflegedienste, Rettungsdienste, Asylunterkünften)

Für Betroffene, die bereits in entsprechenden Einrichtungen tätig sind bzw. betreut werden, galt eine fast zweijährige Übergangsfrist. Diese endete jedoch am zum 1. August 2022.

Wer muss die Einhaltung der Impfpflicht kontrollieren?

Die Einrichtungen selbst müssen einen entsprechenden Nachweis einfordern. Kann der Betroffene diesen nicht vorlegen, so ist die Einrichtung verpflichtet, die zuständige Stelle (in der Regel Gesundheitsamt) hierüber zu informieren. Der Zugang zu Angeboten oder die Aufnahme einer Tätigkeit in den Einrichtungen kann untersagt werden, bis ein entsprechender Nachweis vorliegt (Tätigkeits- & Betretungsverbote).

Dies gilt jedoch nicht für unterbringungs- oder schulpflichtige Personen. Diese dürfen nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden. Allerdings müssen Eltern – und strafmündige Kinder – mit einem Bußgeld rechnen, wenn der Impfpflicht nicht nachgekommen wird. Auch Zwangsgelder können die Folge sein. Eine Zwangsimpfung hingegen droht in keinem Fall.

Ausnahmen bei Beschäftigung: Keine gesetzliche Impfpflicht aber eine arbeitsrechtliche?

Eine erweiterte Impfpflicht kann für Angestellte im Gesundheitswesen gelten.
Eine erweiterte Impfpflicht kann für Angestellte im Gesundheitswesen gelten.

Auch wenn das Infektionsschutzgesetz eine Impfpflicht nur bei Masern vorsieht, kann aus Gründen des Arbeitsschutzes auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses über Umwege eine weiterführende Impfung durch den Arbeitgeber vorgegeben sein.

Grundlage hierbei stellt das Arbeitsschutzgesetz dar. Dieses verlangt vom Arbeitgeber eine Risikobewertung und die Konzepterstellung zu einer möglichen Gefahrenabwehr zum Schutze von Angestellten (und ggf. weiteren betroffenen Personengruppen). Sieht der Arbeitgeber eine Schutzimpfung als nötig an, um den Arbeitsschutz entsprechend optimal zu gestalten, so ist er verpflichtet, seinen Angestellten die Möglichkeiten zur Impfung anzubieten und die Kosten zu übernehmen. Annehmen müssen diese das Angebot jedoch zunächst nicht. Eine gesetzlich vorgeschriebene Impfung gegen Grippe etwa ist also auch dann noch nicht gegeben.

Mögliche Ausnahmen für Personal im medizinischen Bereich

Allerdings kann die Annahme angebotener Impfungen im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses als Nebenpflicht formuliert werden (z. B. in Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag). Dies gilt zum Beispiel regelmäßig für medizinisches Personal in Krankenhäusern und anderen Vorsorgeeinrichtungen. Dies hat zum einen einen arbeitsschutzrechtlichen Hintergrund, soll zugleich aber auch die Patienten schützen. Viele Patienten sind nämlich Teil einer Risikogruppe, entweder wegen Vorerkrankungen, hohen Alters, geschwächten Immunsystems oder teils auch während Schwangerschaften.

Im Zuge eines Bewerbungsverfahrens in entsprechenden Einrichtungen kann dann mitunter auch der Impfstatus geprüft und zum Einstellungskriterium werden.

Verfassungsbeschwerde gegen die Impfpflicht

Es gibt auch viele Stimmen gegen die Impfpflicht.
Es gibt auch viele Stimmen gegen die Impfpflicht.

Mehrere Eltern und Vereine haben gegen die Impfpflicht Eilanträge und Verfassungsklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie sehen vor allem zwei wesentliche Grundrechte durch den vermeintlichen “Impfzwang” eingeschränkt:

  • das Recht auf körperliche Unversehrtheit
  • das zuvörderst in den Händen der Eltern liegende Recht auf Pflege und Erziehung der Kinder

Zudem werde durch die gewährte Übergangsfrist für bereits in Betreuung befindliche Kinder gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.

Ein großes Manko der Impfpflicht, das vielfältig diskutiert wurde: Es gibt in Deutschland eigentlich keinen Einfachimpfstoff gegen Masern. Stattdessen handelt es sich stets um ein Kombipräparat, also eine Mehrfachimpfung mindestens gegen Mumps, Masern und Röteln (bei Vierfachimpfstoff auch gegen Windpocken). Damit sei auf Umwegen auch für die Erkrankungen eine Impfpflicht eingeführt wurden.

Die Eilanträge gegen die Impfpflicht wies das Bundesverfassungsgericht jedoch zurück. Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen die Impfpflicht steht derzeit jedoch noch aus.

Eine Musterfeststellungsklage (umgangssprachlich auch “Sammelklage”) gegen die Impfpflicht gibt es derzeit nicht.

Das Bundesgesundheitsministerium stellt zur Impfpflicht umfassendes Informationsmaterial zur Verfügung (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/impfpflicht.html).

Quellen und weiterführende Links

Über den Autor

Jana
Jana O.

Jana studierte Ger­manis­tik, Philosophie und Englischen Literatur­wissenschaften an der Universität Greifswald. Sie ist seit 2015 Bestandteil des bussgeldkatalog.org-Teams. Neben einem umfassenden Überblick zu verkehrsrechtlichen Fragestellungen liegt ihr Interesse u. a. im Bereich Tuning und Fahrzeugtechnik.

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