Das Schuldanerkenntnis nach einem Unfall
Von bussgeldkatalog.org, letzte Aktualisierung am: 14. Februar 2021
Nach einem Verkehrsunfall ein Schuldanerkenntnis unterschreiben? Besser nicht!
Wenn es im Straßenverkehr kracht, sind alle Beteiligten meist nervlich angegriffen und stehen nicht selten unter Schock.
In dieser Situation ist genau jenes Verhalten gefragt, welches so schwer fällt: Ruhig und sachlich bleiben. Schuldzuweisungen oder gar Beschimpfungen den anderen Beteiligten gegenüber führen lediglich zu Komplikationen in einer ohnehin angespannten Lage.
Experten raten dazu, am Unfallort kein Schuldanerkenntnis zu geben oder gar zu unterschreiben.
Auch wenn ein solches Schuldbekenntnis vor Gericht meist keinen Bestand hat, kann Ihre Versicherung unter Umständen den Schutz verweigern.
In diesem Ratgeber finden Sie alle relevanten Informationen rund um die Schuldfrage beim Autounfall.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Schuldanerkenntnis
Ein abstraktes Schuldanerkenntnis begründet einen neuen Anspruch des Unfallgeschädigten neben seinem eigentlichen Schadensersatzanspruch. Das deklaratorische Anerkenntnis bestätigt hingegen nur eine bereits bestehende Schuld/Verbindlichkeit.
Schlimmstenfalls bringen Sie sich damit um Ihren Versicherungsschutz, weil sich die Versicherung dann weigern kann zu zahlen. Ihrem Unfallgegner hingegen nützt es, weil er dadurch einen Beweisvorteil erlangt – selbst für den Fall, dass Sie doch keine (voll) Schuld am Unfall tragen.
Nein, niemand kann Sie dazu zwingen, auch nicht die Polizei. Denn kein Mensch ist verpflichtet, sich selbst zu belasten.
Ein Schuldeingeständnis nach einem Unfall abgeben: Was bedeutet das im Verkehrsrecht?
Viele Fahrer denken, wenn der Unfallgegner seine Schuld vor Ort zugibt, sei für den Autounfall die Schuldfrage geklärt. Doch dabei liegen sie falsch. Ein Schuldeingeständnis nach einem Unfall ist nämlich meist nicht rechtlich bindend.
Abstraktes oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis?
Im Recht wird zwischen zwei Formen des Schuldanerkenntnisses unterschieden:
- Abstraktes (oder konstitutives) Schuldanerkenntnis
- Kausales (oder deklaratorisches) Schuldanerkenntnis
Bei ersterem handelt es sich um einen schriftlichen Vertrag, welcher die eigentlichen Umstände des Kfz-Unfalls im Folgenden als irrelevant kennzeichnet. Liegt ein solches Anerkenntnis vor, ist es bindend – unabhängig von der Schuldfrage. Diese Form des Eingeständnisses kann widerrufen werden, allerdings obliegt in diesem Fall dem Schuldner die Beweispflicht.
Ein kausales Schuldanerkenntnis tritt zur Klärung oder Schlichtung eines Streits auf. Auch nach einer ausgedehnten Diskussion kann es zu dieser Form der Anerkenntnis kommen.
Es besteht kein Anspruch auf ein Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall
Auch wenn Sie überzeugt sind, an einem Unfall Schuld zu sein, sollten Sie von einem Schuldbekenntnis absehen.
Ihr Unfallgegner hat Ihnen gegenüber nämlich laut Verkehrsrecht keinerlei Anspruch auf eine solche Erklärung.
Zudem ist es möglich, dass Ihre Einschätzung der Situation keineswegs zutrifft. Beispiel: Sie fuhren unaufmerksam, weil Ihre Kinder auf dem Rücksitz weinten. Es kommt zu einem Autounfall.
Sie sind sich sicher, dass Ihre Unaufmerksamkeit Schuld an dem Unfall ist. Doch was, wenn der andere Fahrer beispielsweise die Vorfahrt missachtet hat?
Hinzu kommt, dass Unfallbeteiligte oftmals unter Schock stehen und umso weniger in der Lage sind, eine objektive Beurteilung vorzunehmen.
Dies ist unter anderem die Aufgabe der Polizei. Im Zweifel sollten Sie diese daher auch einschalten.
Weiterführende Ratgeber zur Klärung der Schuldfrage nach einem Unfall
Haftungsquoten bei einem Verkehrsunfall – Wer zahlt was?
Was ist unter dem Begriff “Haftungsquote” zu verstehen? Wie werden Haftungsquoten nach einem Unfall im Straßenverkehr gebildet? Welche Faktoren fließen in die Berechnungen des Richters mit ein? Diese und weitere Fragen klären wir in unserem Ratgeber.
Einigungsprotokoll – Die private Einigung nach einem Verkehrsunfall
Was ist ein Einigungsprotokoll? In welchen Unfallsituationen ist es sinnvoll, sich privat zu einigen? Wann sollte davon abgesehen werden? Welchen Inhalt sollte ein Einigungsprotokoll nach einem Unfall haben und nach welchem Muster wird es erstellt? Die Antworten erhalten Sie in diesem Ratgeber.
Anscheinsbeweis: Wer auffährt, ist schuld – Wahrheit oder Trugschluss?
Bei einem Auffahrunfall ist immer das hintere Fahrzeug schuld – nach diesem Grundsatz verfahren viele Verkehrsteilnehmer und stützen sich dabei auf den sogenannten Anscheinsbeweis. Doch stimmt das? Was besagt der Anscheinsbeweis und wann findet er Anwendung? Finden Sie hier Antworten auf diese Fragen.
Unverschuldeter Unfall: Vorgehen, Rechte und Ansprüche
“Es gehören immer zwei dazu”: Bei einem Autounfall stimmt der Spruch nicht immer – zumindest nicht aus rechtlicher Sicht. Ein unverschuldeter Unfall trifft arglose Autofahrer besonders hart. Welche Ansprüche und Rechte Ihnen in diesem Fall zustehen, erfahren Sie hier!
Wer hat an einem Auffahrunfall Schuld?
Wer auffährt, hat immer Schuld – stimmt’s? Ganz so einfach lässt sich die Schuldfrage beim Auffahrunfall leider nicht beantworten. Nicht immer wird der Auffahrende zur Kasse gebeten. Hier erfahren Sie, in welchen Situationen der berühmte Satz Lügen gestraft wird.
An einem Unfall sind beide schuld: Wer zahlt was?
Wie funktioniert die Schadensregulierung bei einem Unfall mit beidseitiger Schuld? Welche Versicherung zahlt wie viel? Wenn beide Fahrer sich fehlerhaft verhalten haben, ist die Schadensabwicklung oftmals verzwickt. Infos und Tipps bietet dieser Artikel.
Mitverschulden beim Autounfall – Wer muss haften?
Wann wird vom Mitverschulden an einem Autounfall gesprochen? Welche Versicherung zahlt, wenn Sie eine Teilschuld an einem Kfz-Unfall haben? Im Ratgeber wird erläutert, wann ein Mitverschulden überhaupt vorliegt und wann einem Autofahrer auch eine Teilschuld an einem Unfall zugesprochen werden kann.
Ein selbstverschuldeter Unfall: So gehen Sie damit um
Einen kurzen Moment lang nicht aufgepasst, und schon hat es gekracht? Wenn Sie einen Unfall selbst verschuldet haben, muss Ihre Versicherung informiert werden. Die Haftpflicht kümmert sich hierbei um die Schäden des Opfers. Doch welche Leistungen übernehmen Teil- und Vollkaskoversicherungen?
Das Schuldeingeständnis nach einem Autounfall: Folgen
In der Aufregung des Unfallmoments geäußerte Sätze wie „ich bin Schuld“, „ich habe nicht aufgepasst“ o.Ä. gelten vor Gericht nicht als Schuldanerkenntnis, sondern lediglich als einseitiges, nicht bindendes Bekenntnis. Das OLG Düsseldorf bestätigte dies beispielweise in einem Urteil (Az. I – 1 U 246/07).
Die Bemerkungen desjenigen gelten aber immerhin als Beweise, wenn für den Unfall die Schuldfrage geklärt werden soll. In manchen Fällen führen sie sogar zur Beweislastumkehr – dazu an späterer Stelle Näheres. Es ist daher anzuraten, auch von einer solchen Erklärung abzusehen.
Wann wird nach einem Unfall ein Schuldanerkenntnis bindend?
Achtung: Ein Schuldanerkenntnis ist nach einem Autounfall nicht per se rechtlich ungültig. Folgende Aspekte sprechen für ein bindendes Anerkenntnis:
- Äußerungen bezüglich der Haftung für den Unfall – etwa „ich übernehme den entstandenen Schaden”
- Schriftlich verfasstes Eingeständnis
- Vorausgehende Diskussion über das Thema der Schuldfrage
- Längerer Zeitraum zwischen Unfall und Erklärung
Bei einem Schuldanerkenntnis sind Form und Umstände demnach relevant.
Was bedeutet das Schuldanerkenntnis für die Versicherung?
Viele Versicherungen verweigern die Kostenübernahme, wenn ihre Kunden vorab ein Schuldanerkenntnis abgegeben haben. Versicherungsnehmer sind nämlich dazu verpflichtet, die Zahlungen der Versicherung auf Schäden zu reduzieren, die er auch wirklich verursacht hat.
Ein rechtlich gültiges Schuldanerkenntnis ist nach einem Unfall bindend und kann unter Umständen Schäden mit einbeziehen, die nicht alleinig von dem Versicherten verschuldet wurden. In diesem Fall muss die Versicherung bei der Schadensregulierung nicht einspringen.
Der Beweisvorteil für den Unfallgegner
Geben Sie am Unfall eine sich selbst belastende Erklärung ab, kann daraus meist kein rechtlich bindender Anspruch entstehen. Allerdings sichern Sie Ihrem Unfallgegner auf diesem Weg einen großen Vorteil in der Beweisführung.
Eine solche Erklärung kann nämlich dazu führen, dass sich der Geschädigte auf das Schuldanerkenntnis verlässt und die Polizei zur weiteren Beweissicherung nicht ruft.
Widerrufen Sie Ihre Äußerungen anschließend, entsteht Ihrem Unfallgegner ein unfairer Schaden: Er hat bereits auf eine ausführliche Beweisaufnahme durch die Polizei verzichtet.
Aus diesem Grund greift oftmals das Prinzip der Beweislastumkehr: Um Ihre Äußerung zu widerrufen, müssen Sie deren Unrichtigkeit beweisen. Je genauer und präziser das ursprüngliche Schuldanerkenntnis formuliert war, desto schwieriger wird dies.
Rechtsprechung
Oftmals wurde die Frage nach der rechtlichen Gültigkeit eines schnell daher gesagten Schuldbekenntnis vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele:
- Liegen dem Bekenntnis keine vorausgehende Diskussionen vor, ist es nicht bindend. (BGH, Az. IV ZR 222/74)
- Die Sätze „Ich bin Verursacher“ und „Ich bin allein schuld“ sind, sofern sie nicht anderweitig ergänzt werden, nicht bindend (BGH, Az. Respektive VI ZR 304/79 und VI ZR 64/82).
Fazit: Nur Versicherungs- und Personendaten austauschen
Hüten Sie sich davor, eine Schuld nach einem Unfall einzugestehen. Durch ein solches Bekenntnis drohen Ihnen schwerwiegende Nachteile.
Nach einem Autounfall sollten Sie lediglich ein Unfallprotokoll wahrheitsgemäß ausfüllen und ggf. eine Unfallskizze anfertigen. Auch die an ihrem Fahrzeug entstandenen Schäden sollten Sie hierbei notieren. Die Schuldfrage wird zu einem späteren Zeitpunkt geklärt.
Denken Sie auch daran, mit dem Unfallgegner die Personen und Versicherungsdaten auszutauschen. Zudem sollten Sie den Unfall Ihrem Versicherer so schnell wie möglich melden.
Bildnachweise: Fotolia.com/Monkey Business (Header)
Konnten wir Ihnen weiterhelfen? Dann bewerten Sie uns bitte:
Hallo,am3.7.18 passiert mit mir umfal , ich bin rückwärts gefahren und die anderen Auto erwischt, ich war schockiert mit mir noch nicht sowas passiert, ich war gleich in Panik und ganze Schuld auf mich selbst genommen, und noch schriftlich gemacht was passiert jetzt?
Hallo Swetlana,
bitte wenden Sie sich an einen Anwalt.
Die Redaktion von bussgeldkatalog.org