Der Polizei einen Unfall melden: Wann sollten Sie Hilfe anfordern?

Von Dr. Philipp Hammerich

Letzte Aktualisierung am: 13. Februar 2025

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Einen Autounfall melden oder nicht?

Zur Unfallaufnahme gehört auch die Befragung von Zeugen
Zur Unfallaufnahme gehört auch die Befragung von Zeugen

In den meisten Fällen ist es angebracht, der Polizei einen Unfall zu melden. Die Polizei hilft bei der Erstellung eines Unfallgutachtens, mit dem die Unfallschuld festgestellt werden kann. Das kann später für die Schadensersatzleistung der Versicherung oder bei einer Verhandlung des Unfalls aufgrund grober Fahrlässigkeit vor Gericht wichtig sein.

Doch muss man bei einem Unfall die Polizei rufen? Unter bestimmten Voraussetzungen nicht. Wir klären Sie im folgenden über die rechtliche Lage auf.

Waren Sie in einen Unfall mit einem Polizeiauto verwickelt, finden Sie in unserem Ratgeber: “Unfall mit dem Polizeiauto: Befreit Blaulicht von der Haftung?” die passenden Informationen.

FAQ: Den Unfall bei der Polizei melden

Wann muss ich nach einem Unfall die Polizei verständigen?

Wenn Personen verletzt oder große Sachschäden entstanden sind, müssen Sie die Polizei verständigen.

Muss ich auch Unfälle mit Bagatellschäden der Polizei melden?

Nur, wenn der Besitzer des geschädigten Kfz nicht erscheint. Ausrücken wird die Polizei bei Bagatellschäden eher nicht.

Wann ist es ratsam, nach dem Unfall die Polizei zu kontaktieren?

Es kann für die Schadensregulierung von Vorteil sein, einen polizeilichen Unfallbericht anzufordern.

Video: Richtiges Verhalten beim Unfall

Video zum Verhalten bei einem Unfall
Wie Sie sich beim Unfall verhalten sollten, erfahren Sie auch in unserem Video.

Die Polizei übernimmt die Unfallaufnahme

Der Anruf bei der Polizeidienststelle ist nach einem Verkehrsunfall in der Regel nicht der erste Schritt. Zunächst sollte die Unfallstelle mit einem Warndreieck gesichert werden; zudem ist es manchmal notwendig, dass die Unfallopfer durch Erste Hilfe und von Sanitätern versorgt werden.

Gerade wenn jemand schwer verletzt ist, hat die Versorgung der Opfer die höchste Priorität! Spätestens wenn deren medizinische Versorgung sicher gestellt ist, ist es jedoch angebracht, die Polizei zu rufen, sofern diese nicht bereits am Unfallort eingetroffen ist. Die Polizei nimmt dann eine Verkehrsunfallaufnahme vor.

Ablauf einer Verkehrsunfallaufnahme

Im Zuge der Unfallaufnahme sichern die Beamten die Beweise, indem Sie die beteiligten Fahrzeuge und deren Schäden, die Unfallstelle und Bremsspuren durch Fotos und Protokolle sichern. Die Kollisionspuren auf den beteiligten Fahrzeugen werden fachmännisch analysiert.

Polizei bei Unfall rufen und die Erstellung eines Unfallsberichts veranlassen

Nicht die vollständige Verkehrsunfallaufnahme erledigen die Beamten vor Ort; so müssen beispielsweise zur vollständigen Unfallrekonstruktion verschiedene Berechnungen durchgeführt werden, die letztendlich den Unfallhergang besser erklären können, oder die Befragung der Zeugen wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, da diese nach einem Unfall nicht immer sofort vernehmungsfähig sind.

Einen Autounfall melden

Die Polizei sollte man nach jedem Unfall rufen, der über einen Bagatellschaden hinausgeht
Die Polizei sollte man nach jedem Unfall rufen, der über einen Bagatellschaden hinausgeht

Bei einer Kollision mit einem parkenden Auto ist der Geschädigte oft nicht anwesend. Um sich hier nicht der “Fahrerflucht” schuldig zu machen, sollten Sie eine angemessene Zeit auf den Geschädigten warten (mindestens 30 Minuten!). Trifft dieser nicht ein, müssen Sie den Autounfall melden – bei der Polizei. Diese kann den Fahrer des Autos ausfindig machen.

Unfall ohne Polizei – Versicherung zahlt nicht immer

Zur Schadensregulierung wird nach einem Verkehrsunfall die Kfz-Versicherung zur Kasse gebeten. Die Versicherung verlangt üblicherweise einen Unfallbericht, um die Höhe des Schadensersatz zu berechnen. Bei einem Autounfall ohne Polizei liegt kein offizieller Unfallbericht vor. Für die Versicherung kann dies ein Grund sein, die Leistungen zu drosseln.

Allerdings ist es bei kleineren Unfällen, die über einen geringen Sachschaden nicht hinausgehen, nicht zwingend erforderlich, die Polizei zu rufen. Wer gerade unterwegs ist und nicht abwarten kann, bis die Polizei eintrifft, kann auf die Meldung des Unfalls auf die Polizei verzichten, und wird trotzdem einen angemessenen Versicherungsschutz erhalten. Tauschen Sie unbedingt die wichtigsten Daten mit den Unfallbeteiligten aus. Diese bestehen aus:

  • Name und Anschrift
  • Versicherung sowie Versicherungsnummer
  • Amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs

Die Unfallbeteiligten sind gesetzlich dazu verpflichtet, diese Angaben zu machen. Erst wenn diese Daten ausgetauscht sind, dürfen Sie den Unfallort verlassen. Neben dem Austausch der Personalien können Sie einen Unfallbericht verfassen, den beide Parteien unterschreiben. Vordrucke hierfür gibt es bei der Kfz-Versicherung.

Wenn einer der Unfallbeteiligten eine polizeiliche Unfallaufnahme wünscht, müssen Sie diesem Wunsch nachkommen.

Unfall ohne Polizei?

Bei einem großen Sachschaden und auch wenn es Verletzte oder sogar Tote zu beklagen gibt, müssen Sie nach einem Autounfall die Polizei rufen. Auch wenn der Verdacht besteht, dass einer der Fahrer vor der Fahrt Alkohol oder Drogen konsumiert hat, melden Sie den Unfall besser bei der Polizei. Wenn Streitigkeiten über die Unfallschuld entstehen, sollten Sie ebenfalls die Polizei alarmieren, so dass es später nicht zu Problemen bezüglich der Schadensregulierung durch die Kfz-Versicherung kommt. Nur bei Bagatellschäden am Auto – z.B. bei einem kleinen Kratzer im Lack – können Sie darauf verzichten, der Polizei den Unfall zu melden.

Unfall-Checkliste zum Download

Unfall-Checkliste zum Download

Gerne können Sie diese Checkliste zum eigenen Gebrauch herunterladen. Im Folgenden finden Sie die Liste im PDF-Format zum Download:

  • Kostenloser Download
  • Einfach ausdrucken und ins Auto legen
  • Im Notfall schnell zur Hand

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich bekam seine Zulassung als Rechtsanwalt in Deutschland 2007. Er studierte zuvor an der Universität Hamburg und promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Für bussgeldkatalog.org beantwortet er verschiedene Verbraucherfragen rund um das Verkehrsrecht.

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41 Kommentare

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  1. MAX
    Am 24. Juni 2016 um 12:38

    Vorgestern hat ein französischer Freund Michel A. in AJACCIO /KORSIKA/ FRANKREICH einen leichten Unfall mit einem deutschen Motorradfahrer gehabt . Michel ist zweifellos schuldig und erkennet es (Fahrspurwechsel im Kreisverkehr !)
    Im Auto habe ich ein französisches Formular : “CONSTAT AMIABLE D’ACCIDENT AUTOMOBILE” eine europäische Unfallaufnahme . Gibt es etwas Ähnliches in Deutschland ? Wo kann ich es etwaigemfalls finden ? Besten Dank für Ihre Hilfe !
    Mit freundlichen Grüssen,
    Ihr Max

    • bussgeldkatalog.org
      Am 27. Juni 2016 um 9:13

      Hallo MAX,

      es gibt den sogenannten “Europäischen Unfallbericht”. Dieses Dokument erhalten Sie von Ihrer Versicherung oder auch im Internet. Natürlich gibt es diesen Unfallbericht auch in deutscher Sprache.

      Die Redaktion von bussgeldkatalog.org

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