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Bagatellschaden beim Auto: Wann liegt dieser vor?

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Bagatellschaden – Wenn Kratzer und Beulen die Karosserie zieren

Laut BGH liegt die Bagatellschadensgrenze bei rund 700 Euro.
Laut BGH liegt die Bagatellschadensgrenze bei rund 700 Euro.

Vor Schrammen und Dellen bleibt wohl kaum ein Fahrzeug im Straßenverkehr verschont. Manchmal unbemerkt graben sich solche kleinen Blessuren in die Karosserien von Lkw, Pkw oder Motorrad ein und setzen sich als Makel an dem blanken Blech fest.

Was älteren Kfz mitunter durchaus Charme verleiht und ein Zeugnis des hohen Alters ist, stellt für Neuwagenbesitzer hochpreisiger Luxusfahrzeuge eine erhebliche Wertminderung dar. Kratzer ist also nicht gleich Kratzer.

Schwierig ist es jedoch für Laien, zu erkennen, wann ein derartiger Bagatellschaden vorliegt und in welchen Fällen der augenscheinlich geringfügige Schaden doch weitaus schwerer wiegt. Außerdem stellt sich die Frage nach dem richtigen Verhalten bei einem Unfall mit resultierendem Bagatellschaden.

Kann sich ein Verkehrsteilnehmer beispielsweise auch beim Bagatellschaden der Fahrerflucht schuldig machen? Sind bei einem Bagatellschaden Polizei und Versicherung immer zu verständigen? Im folgenden Ratgeber finden Sie die Antworten auf diese und weitere Fragen, die sich allesamt mit dem Thema des Bagatellschadens befassen.

FAQ: Bagatellschaden

Was bedeutet “Bagatellschaden”?

Es handelt sich hierbei um einen Blechschaden nach einem Verkehrsunfall, der so gering ist, dass er den Mindest-Sachwert für eine Aufnahme durch die Polizei nicht erfüllt.

Mindert ein Bagatellschaden den Fahrzeugwert?

Nein, da hier ausschließlich das Blech bzw. der Lack geschädigt wird, z. B. durch Schrammen oder Kratzer.

Gibt es eine Grenze für Bagatellschäden?

Eine gesetzliche Grenze existiert nicht , jedoch hat der BGH im Jahr 2004 festgelegt, dass bei Reparaturkosten von über 700 Euro nicht mehr von Bagatellschäden gesprochen wird.

Was ist ein Bagatellschaden?

In Mecklenburg Vorpommern wurden 2013 rund 47.000 Unfälle mit Bagatellschaden verzeichnet. Eine hohe Zahl, die wohl auf Gesamtdeutschland bezogen mindestens in Bereichen um die Hunderttausende liegen wird.

Doch worum handelt es sich beim Bagatellschaden am Auto überhaupt? Fallen darunter ganz bestimmte Schäden? Begründen beispielsweise Kratzer einen solchen Bagatellschaden, während eine Beule schon schwerer wiegt?

Grundsätzlich liegt immer dann ein Bagatellschaden vor, wenn beispielsweise infolge eines Rangierunfalls oberflächliche Lackschäden an einem Kfz verursacht wurden. In der Regel sind dies Kratzer, Dellen oder Schrammen an der Karosserie.
Ein Bagatellschaden bezeichnet unter anderem oberflächliche Lackschäden.
Ein Bagatellschaden bezeichnet unter anderem oberflächliche Lackschäden.

Im Unterschied zu einem gravierenden Sachschaden ist bei einer derartigen Bagatelle ausschließlich das Blech beschädigt. Der Wert des Fahrzeuges wird durch einen Bagatellschaden folglich nicht nachhaltig beeinflusst.

Allerdings spielt hierbei die Art des Wagens eine gewichtige Rolle, denn ein Kratzer an einem älteren Fahrzeug ist unter Umständen im Vergleich zu einem ähnlichen Schaden an einem Luxusfahrzeug deutlich geringer einzustufen.

Leichte Personenschäden fallen nicht unter die Bezeichnung “Bagatellschaden”. Diese können unter Umständen in Form von Schmerzensgeld anspruchsbegründend sein. Allerdings dürfen die Verletzungen eine gewisse Geringfügigkeitsgrenze nicht unterschreiten, um diesen immateriellen Schadensersatz nach sich ziehen zu können.

Bagatellschadensgrenze

Eine feste Bagatellschadensgrenze, also eine gewisse Höhe der notwendigen Reparaturkosten, ist gesetzlich nicht fixiert. Allerdings legte der Bundesgerichtshof (BGH) 2004 einen Betrag von 700 Euro fest (Az. VI ZR 365/03). Alle Reparaturen, die über dieser Spanne liegen, werden üblicherweise nicht mehr als Bagatellschaden betrachtet.

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass vereinzelt Gerichte auch andere Werte ansetzen und beispielsweise die Grenze auf 750 Euro anheben.

Bagatellschaden: Wissenswertes zum Gutachten

Die Schadensgrenze spielt insbesondere auch hinsichtlich der Kostenübernahme eines Gutachters eine wichtige Rolle. Unterschreitet die Schadenshöhe nämlich die 700 Euro, weigern sich Versicherungen oftmals, die Bezahlung eines Sachverständigen zu übernehmen. Es bietet sich dann als Alternative für ein Schadensgutachten eine Reparaturkosten-Kalkulation an.

Liegt jedoch der Verdacht nahe, dass die Beulen und Schrammen doch gravierender sind, ist es ratsam, ein Kfz-Gutachten anfertigen zu lassen. Hierbei genügt zumeist ein Kurzgutachten, dessen Kosten sich im Schnitt auf 50 bis 100 Euro belaufen und damit überschaubar sind. Wird in dieser Überprüfung ein höherer Schaden festgestellt, sind die Sachverständigenkosten in der Regel von der Versicherung im Rahmen der Schadensregulierung zu übernehmen.

Ausgangspunkt für die Berechtigung, derartige Aufwendungen der gegnerischen Versicherung anzulasten, ist nicht der im Bericht festgestellte Reparaturumfang. Stattdessen ist darauf abzustellen, ob sich das Schadensbild für den Geschädigten als sehr einfach dargestellt hat.

Konnte der Geschädigte eindeutig erkennen, dass es sich um einen Bagatellschaden handelt, ist es der gegnerischen Versicherung in aller Regel gestattet, eine Übernahme der Kosten für die Begutachtung des Kfz abzulehnen.

Vorgehensweise bei einem Crash mit Bagatellschaden

Bei einem Bagatellschaden empfiehlt sich ein Kurzgutachten.
Bei einem Bagatellschaden empfiehlt sich ein Kurzgutachten.

Prinzipiell gelten auch bei einem Chrash mit Bagatellschaden ähnliche Maßnahmen wie bei anderweitigen Kollisionen. Gemäß § 34 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind bei einem Schadensereignis unter anderem folgende Schritte unverzüglich einzuleiten:

  1. umgehendes Anhalten der Beteiligten
  2. Sicherung der Unfallstelle; bei einem geringfügigen Schaden (Bagatellschaden): schnellstmöglich zur Seite fahren/Straße räumen
  3. über Schadensfolgen Klarheit verschaffen
  4. Hilfeleistung für Verletzte

Zur Sicherung der Unfallstelle empfiehlt sich die Betätigung der Warnblinkanlage, das Aufstellen eines Warndreiecks sowie das Tragen einer Warnweste. Der nachfolgende Verkehr sollte außerdem nicht länger als nötig blockiert werden. Andernfalls droht ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro wegen einer Behinderung des Straßenverkehrs.

Möglich ist es auch, Ort und Karosserieschäden zu fotografieren. Zusätzlich dient ein Unfallbericht der Klärung des Tathergangs und der Schadensregulierung. Anschließend ist das Geschehnis unverzüglich der Versicherung zu melden, auch wenn es sich nur um einen Bagatellschaden handelt und die Schuldfrage eindeutig geklärt ist.

Wichtig: Auch bei einem Verkehrsunfall mit Bagatellschaden kann eine Unfallflucht begangen werden, wenn Sie den Ort ohne Einleitung dieser Vorgaben verlassen.

Neben den genannten Punkten sind Verkehrsteilnehmer außerdem dazu verpflichtet, im Rahmen eines Schadensereignisses Angaben über betreffende Personen zu machen, auf Verlangen etwaiger Beteiligter den Führerschein vorzuzeigen und die eigenen Kontaktdaten ebenso preiszugeben wie die Versicherungsinformationen. Zusätzlich müssen die entsprechenden Personen so lange am Unfallort verweilen, bis sämtliche Personalien und Fahrzeuginformationen erfasst wurden.

Bagatellschaden auf dem Parkplatz

Bei Parkunfällen, die in Abwesenheit des Geschädigten geschehen, darf der Ort nicht vorzeitig verlassen werden. Andernfalls kann Ihnen Fahrerflucht nach dem Bagatellschaden zur Last gelegt werden.

Versuchen Sie, den Halter des beschädigten Fahrzeuges ausfindig zu machen, indem Sie dessen Kennzeichen beispielsweise in einem nahe gelegenen Geschäft ausrufen lassen. Warten Sie mindestens 30 Minuten am Unfallort auf den Fahrzeughalter. Erscheint dieser binnen der Frist nicht auf dem Parkplatz, sind Sie per Gesetz dazu verpflichtet, das Schadensereignis der Polizei zu melden.

Muss bei einem Bagatellschaden die Polizei gerufen werden?

Die Polizei muss bei Unfällen mit Bagatellschaden nicht gerufen werden.
Die Polizei muss bei Unfällen mit Bagatellschaden nicht gerufen werden.

Viele Autofahrer verfahren nach dem Credo: Bei einem Crash muss immer die Polizei gerufen werden! Das stimmt so nur bedingt. Bei kleineren Schäden, also auch bei einem Bagatellschaden, sind die Beamten nicht dazu verpflichtet, den Schaden offiziell aufzunehmen.

Es ist also nicht erforderlich, die Polizei zu rufen, wenn nur leichte Bagatellschäden vorliegen und die Schuldfrage geklärt wurde.

Besteht ein Unfallbeteiligter dennoch auf die Hinzuziehung der Polizei, handelt es sich um eine sogenannte technische Hilfsleistung, die kostenpflichtig ist.

Achtung: Bei einem Crash mit Bagatellschaden am Mietauto sind die Angaben im Mietvertrag zu berücksichtigen. Manche Vermieter verlangen in ihrer Police, auch bei einem Bagatellschaden nach einem Unfall mit dem Mietwagen die Polizei zu rufen.

Fahrerflucht und Bagatellschaden: Diese Strafe droht

Der Straftatbestand der Unfallflucht greift beim Bagatellschaden ebenso wie bei gravierenderen Karambolagen. Entfernt sich der Unfallverursacher vom Unfallort, ohne den Geschädigten zu kontaktieren, droht eine Strafe wegen Unfallflucht nach einem Bagatellschaden.

Diese beläuft sich gemäß § 142 Strafgesetzbuch (StGB) auf bis zu drei Jahren. Es kann zudem eine Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden. Um dieser Strafe wegen Fahrerflucht nach einem Bagatellschaden zu entgehen, ist es erforderlich, dem Geschädigten die Möglichkeit zu geben, das Schadensereignis festzustellen.

Begehen Sie Fahrerflucht, wenn der Bagatellschaden von Ihnen nicht bemerkt wurde?

Grundsätzlich greift der Straftatbestand nur dann, wenn Ihnen Vorsatz zu beweisen ist. Konnten Sie das Schadensereignis, also die Bagatellschäden, jedoch nicht bemerken, können Sie sich auch nicht der Fahrerflucht schuldig machen.

Über den Autor

Autor
Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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3 Kommentare

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  1. Werner W
    Am 5. Juli 2021 um 18:25

    Vorfall auf Parkplatz: Beim öffnen der Beifahrertür wurde wegen eines engen Parkplatzes der Lack am unteren Kotflügelrand eines nebenan geparkten Autos leicht beschädigt. Die Beschädigung hatte ungefähreine Größe eines Stecknadelkopfes.
    Die Halterin des Fahrzeuges bestand auf Benachrichtigung der Vversicherung ,andernfalls sie die Polizei holen wolle.
    Da wegn der Geringfügigkeitdes Schadens die Einschaltumg der Versicherung abgelehnt wurde,rief sie die Polizei, die ein Protokoll
    anfertigt. Was hat der Schädiger zu erwarten?

  2. Ströhmer
    Am 29. Februar 2020 um 22:10

    Mir ging es ähnlich vor einigen Tagen. Ein Bagatellfall. Bei Rückfahrt aus der Parklücke habe ich mit meiner schwarzen Zierleiste (Skoda Octavia) ein PKW an der hinteren Stossfänger touchiert. Mit Poliermittel wäre es leicht zu entfernen. Die Dame wollte unbedingt eine Werkstatt aufsuchen. Das machte mich etwas stutzig. Ich warte jetzt auf die Reparaturrechnung von der Versicherung.
    Deine Reaktion war falsch und unklug. Du hättest ihr deine Personaldaten geben müssen. Wir haben unsere Personalausweise fotografiert. Natürlich auch den „Schaden“. Dann bist du immer abgesichert. Die Klage auf Fahrerflucht wird sicher abgelehnt.

  3. Dietrich
    Am 8. November 2019 um 16:01

    Meine Frau hat auf der Beifahrerseite beim Einsteigen einen zu dicht an unserem Auto stehenden Van leicht touchiert. Ein kleine Schramme 12 mm war vorhanden. Die Besitzer des Autos waren vor Ort und haben das wahrgenommen. Ich habe mich mit der Fahrerin unterhalten, dass es kein großer Schaden sei und die Stelle mit Politur sicher weggeht. Sollte es mehr sein, solle sie mich bitte verständigen, wegen Bezahlung durch mich oder durch die Versicherung. Sie bat um Namen und Adresse von mir , ich wolle ihr meine private Visitenkarte geben, fand diese jedoch nicht und gab ihr die von meinem Arbeitgeber. Ich fragte sie, ist das ausreichend. Sie beantwortete dies mit einem klaren Ja. Sie hat dann die Firma angeschrieben, leider kam die E-Mail zur Geschäftsleitung. Obwohl sie bat, diese Mail an mich weiterzuleiten, verweigerte die GL diese Bitte. Ich hatte vorher die Zentrale und meine Abteilung informiert, falls sich jemand meldet, meine Daten zu übermitteln. Nach 14 Tagen habe ich ein weiteres mal nachgefragt, ob sich jemand gemeldet habe…Nein. Da die GL dies nicht getan hat, wandte sich die Geschädigte an die Polizei, damit meine Daten ausfindig gemacht werden können. Die Polizei übergab mir nach 2 Monaten eine Anzeige wegen Unfallflucht und bat mich einen Fragebogen (Protokoll) abzugeben, welcher an die Staatsanwaltschaft weitergereicht wird. Mittlerweile konnte ich Kontakt zu der Geschädigten aufnehmen und habe den Schaden i.H. von € 500,– auf KVA-Basis bezahlt. Was habe ich zu erwarten. Ich war mir keiner Unfallflucht bewusst und habe dies auch nicht wissentlich begangen. Hätte die Frau in der Firma antelefoniert, hätte man ihr Auskunft gegeben und es wäre nichts geschehen.

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