Beweisverwertungsverbot per Gesetz: Definition & Bedeutung
Letzte Aktualisierung am: 24. August 2024
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Wie Sie Beweise gegen Ihre Person schwächen können
Als Verkehrsteilnehmer gibt es für Sie eine ganze Reihe von Möglichkeiten, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Doch jeder Bußgeldbescheid und jede Verurteilung wegen einer Straftat benötigt als Grundlage solide Beweise.
Ob es sich um Aussagen eines Zeugen oder Aufnahmen eines Blitzers handelt – diese Beweismittel können dafür sorgen, dass Sie eine hohe Geldstrafe zahlen müssen oder dass Ihnen gar die Fahrerlaubnis entzogen wird.
Doch kann wirklich jedes Beweismittel in einen Prozess eingebracht werden? Oder gibt es bestimmte Fälle, bei denen ein Beweis nicht zulässig ist und daher nicht vor Gericht verwendet werden darf? Ist es vielleicht möglich, in denen bereits die Beweiserhebung illegal ist? Alle Antworten zum Thema Beweisverwertungsverbot finden Sie in unserem Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Beweisverwertungsverbot
Ein solches Verwertungsverbot hat zur Folge, dass ein bestimmtes Ergebnis der Beweiswürdigung nicht bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden darf. Sie spielen vor allem im Strafverfahren bei Straftaten, aber auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Verkehrssünder eine Rolle.
Beweiserhebungsverbote sollen verhindern, dass Beweise mithilfe verbotener Methoden oder Beweismittel gewonnen werden. Ein klassisches Beispiel sind die in § 136 StPO benannten verbotenen Vernehmungsmethoden wie Misshandlung, Folter oder Ermüdung.
Einiger Verbote sind ausdrücklich im Gesetz geregelt – etwa die Erkenntnisse aus einer Vernehmung, die mit unzulässigen Methoden gewonnen wurden. Andere Verwertungsverbote sind ungeschrieben, ergeben sich also nicht direkt aus dem Gesetz. Weitere Informationen zu Rechtsverstößen bei der Vernehmung lesen Sie in diesem Abschnitt.
Was ist ein Beweisverwertungsverbot?
Der Gesetzgeber wünscht keine Wahrheitsfindung um jeden Preis und schon gar nicht auf illegale Weise. Denn jeder hat das Recht auf ein faires Verfahren. Außerdem hat sich unser Verfassungsgeber dem Rechtsstaatsprinzip verschrieben. Aus diesem Grund gibt es unter anderem das Beweisverwertungsverbot. Es verbietet die Berücksichtigung bestimmter Beweise im Prozess, wenn bei deren Aufnahme wesentliche Rechte von Personen verletzt wurden. Das gilt auch dann, wenn der rechtswidrige erhobene Beweise aussagekräftig ist.
Das deutsche Recht kennt mehrere Beweisverbote:
- Das Beweiserhebungsverbot verbietet bereits, bestimmte Beweise aufzunehmen oder zu erheben. Dieses Verbot gilt schon vor dem gerichtlichen Prozess.
- Das Beweisverwertungsverbot kommt im Gerichtsverfahren zum Tragen. Danach dürfen bestimmte Beweise bei der Beweiswürdigung und Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden.
Wann ist die Erhebung eines Beweises verboten?
Es ist in Deutschland laut Strafrecht generell verboten, Beweise zu erheben, wenn eine der folgenden Bedingungen gegeben ist:
- Beweisthemaverbot: Private Gespräche stehen unter gesetzlichem Schutz. Deswegen ist es verboten, hiervon heimlich Tonaufnahmen anzufertigen. Das gibt übrigens nicht nur im Rahmen der Beweiserhebung, sondern ganz allgemein für jeden.
- Beweismittelverbot: Bestimmte Beweismittel sind ebenfalls unzulässig, etwa die Aussage einer Person, die sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht beruft.
- Beweismethodenverbot: Die Strafprozessordnung schreibt genau vor, auf welche Art und Weise Beweise erhoben dürfen. Es ist z. B. absolut verboten, dem Beschuldigten ein Geständnis unter Anwendung von Zwang oder Folter abzuringen.
Unzulässig erhobene Beweise dürfen gewöhnlich nicht vor Gericht verwertet werden. Der Richter muss so tun, als gäbe es sie nicht. aber nicht jeder Beweis, der auf rechtswidrige Art erlangt wurde, führt automatisch zu einem Verwertungsverbot.
Umgekehrt bestehen Beweisverwertungsverbote nicht nur für die rechtswidrige Beweiserhebung. Es gibt auch legal erhobene Beweise , die nicht verwertet werden dürfen. Auch die Art des Prozesses spielt eine Rolle bei der Frage einer Beweisverwertung.
Bei welchen rechtlichen Verfahren ist ein Beweisverwertungsverbot möglich?
Für Teilnehmer am Straßenverkehr sind vor allem die folgenden drei Verfahrensarten von Bedeutung:
- Ordnungswidrigkeitenverfahren: Die meisten Verstöße gegen Straßenverkehrsregeln stellen lediglich eine Ordnungswidrigkeit dar. Wird ein verkehrssünder dabei erwischt, leitet zunächst die Verwaltungsbehörde das Verfahren ein und erlässt einen Bußgeldbescheid. Nur wenn der Betroffene wirksam Einspruch einlegt, kann sich ein gerichtliches Verfahren anschließen.
- Strafverfahren: Besonders schwerwiegende Verkehrsverstöße wie Fahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss (Vollrausch) oder Fahrerflucht gelten als Straftat. Hier schaltet sich die Staatsanwaltschaft ein und erhebt gegebenenfalls Anklage vor dem Strafgericht.
- Zivilverfahren: Dieses Verfahren beschäftigt sich ausschließlich mit rechtlichen Streitigkeiten zwischen Privatpersonen. Der Klassiker ist der Geschädigte eines Verkehrsunfall, der vom Unfallverursacher Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangt.
Laut § 46 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) gelten die Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) am im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Damit sind dort auch die Beweisverwertungsverbote der StPO zu beachten.
Die Zivilprozessordnung (ZPO), welche zivilrechtliche Verfahren zum Gegenstand hat, enthält hingegen kein einziges Beweisverwertungsverbot.
Wann gilt ein Beweisverwertungsverbot?
Das Beweisverwertungsverbot nach der StPO lässt sich in drei Kategorien einteilen: ausdrückliches, unselbstständiges und selbstständiges Verwertungsverbot.
Teilweise liegt es im Ermessen des Richters, ob ein rechtswidrig erhobener Beweis ein Verwertungsverbot nach sich zieht. Hier besteht ein Interessenkonflikt zwischen dem Strafverfolgungsinteresse und den (Grund-)Rechten des Beschuldigten bzw. Angeklagten. Diese sind gegeneinander abzuwägen. Beruht ein Beweis z. B. auf der Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechte, so darf dieser in der Regel nicht verwertet werden.
Ausdrückliche Beweisverwertungsverbote verbieten etwa die Verwertung von Beweisen, die auf illegalen Vernehmungsmethoden beruhen. Auch der „große Lauschangriff“, sprich das Abhören privater Gespräche fällt unter diese Kategorie.
Unselbstständige Beweisverwertungsverbote sind nicht ausdrücklich per Gesetz geregelt, sondern ergeben sich aus den Verboten für Beweiserhebung. Verstöße gegen das bereits erwähnte Beweisthemaverbot führen in jedem Fall zu einem Verwertungsverbot. Im Falle verbotener Beweismittel oder illegaler Beweismethoden dürfen die so gewonnenen Beweise unter Umständen trotzdem vor Gericht verwertet werden.
Ein Beweis kann übrigens legal gewonnen werden und dennoch gegen die Strafprozessordnung verstoßen. In einem solchen Fall gilt das selbstständige Beweisverwertungsverbot.
Ein typisches Beispiel hierfür ist der verdeckte Ermittlers. Äußert sich ein Zeuge ihm gegenüber, obwohl er sich bereits im Verfahren auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat, so darf diese Aussage nicht verwertet werden.
Zwar ist der Einsatz eines verdeckten Ermittlers nicht per se verboten. Aber seine Arbeit bzw. Gesprächsführung erfüllt nicht die Anforderungen der StPO, welche z. B. die umfassende Rechtsbelehrung eines Zeugen vor dessen Aussage verlangt.
Dieses Beispiel führt zu einem Folgeproblem: Obwohl ein Beweis wie die Aussage gegenüber dem verdeckten Ermittler nicht verwertbar ist, können daraus möglicherweise neue Beweise gewonnen werden. Darf das Gericht einen solchen Beweis verwerten und damit das eigentlich geltende Beweisverwertungsverbot umgehen?
Oder anders formuliert: Überträgt ein rechtswidriger Beweis per Fernwirkung sein Beweisverwertungsverbot auf den daraus neu gewonnenen Beweis? Die Rechtsprechung beantwortete die Frage in der Vergangenheit unterschiedlich. Laut überwiegender Auffassung soll aber ein derart abgeleiteter Beweis verwertet werden dürfen.
Beweisverwertungsverbot bei Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren
Rechtsverstöße bei der Vernehmung durch die Polizei
Vernimmt die Polizei Sie nach Ihrem Verkehrsverstoß als Beschuldigten, ohne Sie darüber aufzuklären, dass es Ihnen freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern, so verstößt sie damit gegen § 136 der StPO. Diese Vorschrift gibt jedem Beschuldigten das Recht zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten. Sie müssen sich also nicht zur Sache äußern und können stattdessen einen Anwalt konsultieren.
Dieses Versäumnis der Polizei, Sie über Ihre Rechte aufzuklären, führt zu einem Beweisverwertungsverbot. Das gilt aber dann nicht, wenn Sie Ihr Recht zu schweigen bereits kannten. In diesem Fall darf das Gericht Ihre Aussagen verwenden und verwerten.
Wenn einer Ihrer Familienangehörigen zu Ihrem Verstoß befragt wird, so kann er oder sie nach § 52 vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen und muss sich nicht zu der Sache äußern. Klärt die Polizei den Verwandten nicht über seine Rechte auf, gilt für die folgende Vernehmung ebenfalls ein Beweisverwertungsverbot.
Anhörungs- und Zeugenfragebogen beim Bußgeldverfahren
Ähnliche Rechte stehen Betroffenen im Bußgeldverfahren zu. Legt die Behörde jemandem eine Ordnungswidrigkeit zur Last, dann sendet sie ihm meistens einen Anhörungsbogen zu, in dem sie den Beschuldigten auffordert, Stellung zum Tatvorwurf und zur Sache zu beziehen sowie Angaben zur Person zu machen. Dieser Anhörungsbogen muss ebenfalls eine Rechtsbelehrung enthalten. Fehlt sie, so gilt ein Beweisverwertungsverbot für die Ausführungen des Beschuldigten zum Sachverhalt.
Denn auch im Bußgeldverfahren muss sich der Beschuldigte nicht selbst belasten und darf schweigen, ohne dass hieraus negative Rückschlüsse gezogen werden. Angaben zur eigenen Person (Personalien wie z. B. vollständiger Name und Geburtsdaten) hingegen sind Pflicht.
Auch wenn einer Ihrer Verwandten einen Zeugenfragebogen ausfüllen soll, können diese Angaben nicht verwertet werden, wenn im Schreiben nicht über das Zeugnisverweigerungsrecht aufgeklärt wurde.
Widerrufen der Aussage des Beschuldigten
Es kam aber auch vorkommen, dass ein Beschuldigter ordnungsgemäß über seine Rechte aufgeklärt wurde und trotzdem bei einer Vernehmung aussagt oder Angaben im Anhörungsbogen macht. Später will er dann seine Aussage zurücknehmen . Widerruft er seine Einlassungen vor dem Gerichtsverfahren, so dürfen die polizeilichen Vernehmungsprotokolle weder in der Gerichtsverhandlung verlesen noch verwertet werden. Aber der Richter darf den Polizeibeamten vernehmen, der seinerseits den Beschuldigten vernommen hat.
Nachträgliche Verweigerung der Zeugenaussage
In eine ähnliche Situation können Familienangehörige geraten, die ihre Aussagen aus der ersten polizeilichen Vernehmung oder aus dem Anhörungsbogen für Zeugen zurücknehmen würden. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsbelehrung können sie ihr Zeugnis in der Hauptverhandlung nachträglich zu verweigern – unter bestimmten Voraussetzungen.
§ 252 StPO verbietet die Verlesung einer protokollierten Aussage, wenn sich ein Zeuge erst in der Hauptverhandlung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft. Die nachträgliche Verweigerung führt also zu einem Beweisverwertungsverbot. Bei einer Vernehmung durch den Richter dürfen allerdings Aussagen aus der ersten Vernehmung verwertet werden. Handelt es sich hingegen nicht um eine richterliche Vernehmung, gilt ein Beweisverwertungsverbot selbst für eine sinngemäße Wiedergabe früherer Aussagen.
Alkoholkontrolle ohne richterliche Anordnung
Wenn Sie in eine Polizeikontrolle geraten und die Beamten vermuten, dass zu viel Alkohol oder Drogen durch Ihre Adern fließen, dann nimmt Sie Ihnen eventuell eine Blutprobe ab. Allerdings dürfen Polizeibeamte eine solche Blutabnahme nur dann durchführen, wenn ein Richter sie nach § 81 der StPO angeordnet hat. Falls diese Anordnung fehlt, können Sie oder Ihr Verteidiger ein Beweisverwertungsverbot für diese Probe verlangen.
Selbst zu einer Kontrolle Ihres Atemalkohols sind Sie nicht ohne weiteres verpflichtet. Sie dürfen es tatsächlich verweigern, ins Röhrchen zu blasen. Tun Sie es dennoch, darf dieser Beweis auch dann verwertet werden, wenn die Polizei Sie nicht auf die Freiwilligkeit dieses Tests hingewiesen hat. Indem Sie kooperieren, geben Sie bereits ein Einverständnis ab.
Geschwindigkeitsmesser als Beweismittel
Blitzer und Radarfallen sind fehleranfällig, etwa wenn das Messgerät technische Fehler aufweist oder die Polizeibeamten es nicht korrekt einsetzen oder bedienen. Eine Messung ist auch dann anfechtbar, wenn der Abzug einer Toleranz unterblieb. Auch ein fehlerhaftes Beweisfoto darf mitunter nicht als Beweis gegen den Fahrer verwertet werden.
Vor allem bei hohen Bußgeldern und weiteren Sanktionen wie einem Fahrverbot kann es ratsam sein, den Bußgeldbescheid samt Geschwindigkeitsmessung von einem Anwalt auf Fehler prüfen zu lassen, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit bestehen. Unter Umständen unterliegt das Messergebnis samt Messung einem Beweisverwertungsverbot, so dass ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid erfolgreich sein kann.
Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Beschluss vom 4.5.2016 grundsätzlich als zulässig erachtet, unter anderem weil durch eine Dashcam-Aufnahme des Autos kein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Verkehrssünders erfolgt.
Hallo!
Mir wurde ein Bußgeldbescheid wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die StVO zugestellt. Als Zeugen werden zwei Polizeibeamte benannt, ich selbst saß alleine im Pkw. Wie sich herausstellte, hat das Polizeiauto auf einem privaten Grundstück gestanden, ohne die Genehmigung des Eigentümers. Von diesem Grundstück aus obvervierten die Beamten das Verkehrsgeschehen und sprechen von einer gezielten Verkehrskontrolle.
Frage: Ist es rechtskonform, dass Beamte ohne Erlaubnis auf einem privaten Grundstück stehen und von dort aus mögliche Verstöße gegen die StVO feststellen dürfen?
Klaus
Hallo bezüglich Beweise.
Ich würde per §29 gewo geprüft und man hat Rechnungen und Angebote fotografiert. Vor dieser Prüfung wurde ich auf meiner Arbeitsstelle beim Kunden geprüft. Nach der Prüfung in meinem Büro wurde alles als beweis sichergestellt ohne Belehrung. Denn bei §29 gewo muss ich ja reinlassen. Ist das richtig das nach §29 gewo beweise sichergestellt werden dürfen?
Hallo Andi,
wir dürfen keine kostenlose Rechtsberatung geben. Wenden Sie sich in diesem konkreten Fall an einen Anwalt.
Die Redaktion von bussgeldkatalog.org