Reißverschlussverfahren gemäß StVO: Vorschriften, Bußgelder etc.
Letzte Aktualisierung am: 5. September 2024
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Reißverschlussverfahren auf deutschen Straßen
Im Straßenverkehr kommt es häufig zu Staus. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Ein Unfall, der eine Straße unbefahrbar macht oder eine Baustelle, aufgrund derer eine Spur nicht mehr genutzt werden kann. Dann sind gegenseitige Rücksichtnahme und das Einhalten der Verkehrsregeln gefragt.
Kommt es zu einer Fahrbahnverengung, gilt in Deutschland das sogenannte Reißverschlussverfahren (in Österreich auch Reißverschlusssystem genannt). Schon in der Fahrschule soll dieses Fahrverhalten (am besten auch in Fahrstunden) geschult werden, um Staus vorzubeugen und einen „rollenden“ Verkehr zu garantieren. Dies funktioniert allerdings nur, wenn sich alle beteiligten Verkehrsteilnehmer daran halten.
Doch was hat es damit auf sich? Wie wird laut Straßenverkehrsordnung (StVO) das Reißverschlussverfahren definiert? Die Antworten auf diese Fragen und eine Analyse, warum ohne dieses Verfahren immer wieder Staus entstehen, lesen Sie im folgenden Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Reißverschlussverfahren
Ja, gemäß § 7 StVO muss das Verfahren beim Ende einer Fahrspur und bei einer Fahrbahneinengung angewandt werden.
Fahrer sollen gemäß der Vorgaben bis zum Ende der Fahrspur fahren und sich dann einordnen. Wie das aussehen soll, zeigt das Video hier anschaulich.
Das Verfahren soll die Bildung von Staus verhindern und einen flüssigen Verkehrsablauf an Engstellen ermöglichen.
Reißverschlussverfahren laut StVO
Wie bereits erwähnt, wird das Reißverschlussverfahren dann notwendig, wenn es zu einer Verengung der Fahrbahn kommt. Diese kann zum Beispiel aufgrund von Bauarbeiten an einer Spur entstehen. Auch auf Autobahnen sind solche Verengungen aufgrund von Baustellen häufig anzutreffen.
Um einen reibungslosen Verkehrsfluss zu garantieren, definiert die StVO in § 7 Absatz 4 zur Benutzung von Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge das richtige Verhalten:
Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).
Hier wird explizit der Begriff „Reißverschlussverfahren” verwendet. Dieser ist auf die Verwendung bzw. das Funktionsprinzip eines herkömmlichen Reißverschlusses zurückzuführen:
Der Aufbau eines solchen Verschlussmittels ist durch zwei Seitenteile (Krampen) und einen Schieber gekennzeichnet. Wird dieser betätigt, werden die Verbindungselemente ineinander verhakt. Dabei greifen immer zwei Teilchen ineinander, sodass von beiden Seiten jeweils ein Stück einen Abschluss bildet.
Nach diesem Prinzip soll auch das Reißverschlussverfahren im Straßenverkehr funktionieren. Kommt es zu einer Fahrbahnverengung, so sollen die Fahrzeuge, deren Spur endet, diese bis zu ihrem Ende befahren. Am Schlusspunkt angekommen, sollen die Fahrer sich auf die befahrbare Spur einordnen.
Die Kfz-Fahrer auf der freien Spur sind wiederum verpflichtet, den Fahrzeugen aus der endenden Spur die Einfahrt zu ermöglichen – dabei soll die freie Strecke im Wechsel befahren werden. So kann der Verkehrsfluss sichergestellt werden und jeder Verkehrsteilnehmer weiß, wie er sich zu verhalten hat.
Reißverschlussverfahren wird nicht immer beachtet
Immer wieder kommt es an Fahrbahnverengungen doch zu einer Staubildung, weil sich einige Verkehrsteilnehmer nicht an das Verfahren halten. Wichtig ist, die endende Spur wirklich bis zu deren Ende zu befahren und dann erst zu wechseln.
Ordnen sich Fahrer schon vorher in die andere Fahrspur ein, entstehen schon vor der Fahrbahnverengung Wartezeiten und der Verkehr wird verlangsamt.
Daher existieren unterschiedliche Zusatzzeichen, die darauf hinweisen, wann das Reißverschlussverfahren beginnt. Ein Beispiel wäre das Zeichen 1005-30.
Es handelt sich um ein Rechteck mit weißem Hintergrund und schwarzer Beschriftung. Die Aufschrift „Reißverschluss erst in 200 m“ gibt an, dass die Fahrzeuge sich erst in 200 Metern auf die andere Spur einordnen sollen.
Folgende Fehler sollten Sie beim Reißverschlussverfahren an einer Engstelle vermeiden:
- Ordnen Sie sich nicht zu früh ein! Das behindert den Verkehrsfluss auf der befahrbaren Spur. Also: Immer bis zur Engstelle vorfahren!
- Sind Sie auf der freien Fahrbahn, müssen Sie ein Auto vor der Fahrbahnverengung auf Ihre Fahrspur einfädeln zu lassen. Fahren Sie nicht einfach weiter, ohne ein anderes Fahrzeug reinzulassen!
- Lassen Sie allerdings auch nicht mehr als ein Fahrzeug auf Ihre Spur. Auch dadurch würde das Reißverschlussprinzip nicht mehr greifen und es käme zu vermeidbaren Staus und Wartezeiten für alle Beteiligten
Reißverschlussverfahren: Auf der Autobahn besonders wichtig
Das Verfahren mit dem Reißverschluss auf der Autobahn ist besonders häufig anzutreffen. Eine Engstelle wird hier meist durch eine Verkehrseinrichtung angezeigt. Auch Leuchttafeln können darauf hinweisen.
Auch hier gilt es, sich an das Reißverschlussverfahren zu halten. Da auf Autobahnen meist hohe Geschwindigkeiten gefahren werden, müssen diese entsprechend angepasst werden. Staut es sich an einer Engstelle, ist es wichtig, dass Sie mit geminderter Geschwindigkeit an diesen Stau heranfahren.
Sonderfall: Hindernis auf der Fahrbahn
Ein Sonderfall bezüglich des Reißverschlussverfahrens ist gegeben, wenn ein Hindernis die Weiterfahrt auf einer Spur behindert. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Auto in zweiter Spur parkt und somit diesen Abschnitt der Spur unbefahrbar macht.
In der Rechtsprechung ist ein solcher Fall umstritten. Kommt es zu einem Unfall beim Spurwechsel, trifft in der Regel den Fahrer die Schuld, der die Spur gewechselt hat. Wäre in dieser Situation allerdings das Reißverschlussverfahren angemessen gewesen, so kann die Schuld auch bei dem Fahrer liegen, der die Einfahrt auf die Fahrbahn nicht ordnungsgemäß ermöglicht hat.
Zu diesem Sachverhalt lassen sich unterschiedliche Urteile mit unterschiedlichen Ergebnissen finden. So kam das Amtsgericht München im Jahr 2012 zu dem Entschluss, dass der Autofahrer, der die freie Fahrspur benutzt, einen anderen Fahrer nicht einfach einfahren lassen muss, wenn ein Hindernis die Fahrbahn blockiert.
Grund für die Verhandlung war folgender Vorfall: Eine Dame fuhr auf einer Spur, die durch ein parkendes Auto blockiert wurde. Sie setzte zum Spurwechsel an, dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug.
Im Urteil machte das Gericht deutlich, dass das Reißverschlussprinzip nur beim Wegfall einer Spur gelte und die Schuld an dem Unfall daher bei der Spurwechslerin liege.
Reißverschlussverfahren im Video – so geht’s
Wenn sich alle Verkehrsteilnehmer an das Reißverschlussverfahren halten, kann dadurch viel Zeit gespart werden. Diese These wird im nachfolgenden Video überprüft und verifiziert. Außerdem wird das Verfahren noch einmal erklärt:
Frage: Wir wurden letztes Jahr auf der A1 Zeuge eines Unfalls wg. von von einem der beteiligten Fahrer falsch umgesetzen Reissverschluß-Verfahrens. Die linke Fahrspur endete lange angekündigt. Mitte und rechts war sehr dichter Verkehr, der mit etwa 50-60 Km/h beidseitig noch “stockfrei lief”. Links war je weiter es zum Ende ging immer freier. Ich befand mich in der Mitte, vor mir ein SUV mit Anhänger. Links rasten sehr viel schneller als auf den 2 verbleibenden Spuren, immer wieder Fahrzeuge vorbei. Als es an direkt an der Verengung war, zogen vor dem SUV mit Anhänger, 2 Fahrzeuge nach rechts rüber. Der SUV in der Mitte vor mir musste wegen dem 2. Fahrzeug stark abbremsen. Die Lücke hat für das erste Fahrzeug ohne Bremsen zu müssen gut gereicht. Wegen dem 2. Fahrzeug wurde es schon gefährlich. Nun kommt der Hammer : ein drittes Fahrzeug schoss links vorbei, wollte sich auch noch vor dem SUV rein drängen und es kam zum Unfall. Drängler rechte Kotflügel und Rad kaputt, beim SUV das Gleiche an der linken Seite. Der Herr in Nadelstreifen und seinem großen schwarzen 4-Ringe Auto hatte am Unfallort laut geprahlt, er wär im Recht und der SUV hätte ihn rüber lassen müssen. Fahrzeuge auf der endenenden Spur hätten grundsätzlich Vorrang. Er freut sich nun auf ein neues Auto von der SUV-Fahrerin… –> Sie hat doch schon 1 “Normalen” + 1 Drängler mittels strak bremsen auf die Fahrspur gelassen… Wer hat Schuld ?? Ich habe nur meine Aussage gemacht und habe davon (leider) nie wieder was gehört.
Die elektronischen Schilder auf der Autobahn zeigen schon Kilometer vorher den Wegfall einer Spur an und dann eine gesperrte Spur, weit vorher vor dem tatsächlichen Hindernis. Da ist es quasi unmöglich, das Reißverschluss-Verfahren anzuwenden. Es gibt keinen klaren Punkt, außer man befährt die laut Schild gesperrte Spur. Und ab solchen Stellen kommt es immer zu kilometerlangen Staus. Es würde mich mal interessieren, ob das Reißverschluss-Verfahren da überhaupt gilt.
Aus meiner Sicht ist der Gesetzestext hier recht eindeutig. Er spricht davon das ein Fahrstreifen wegfällt ODER nicht durchgängig befahrbar ist. Was soll denn mit zweiterem gemeint sein, außer Hindernisse auf der Fahrbahn die das durchgängige Befahren verhindern? Eine Fahrstreifen mit Hindernis ist ja faktisch betrachtet auch ein Fahrstreifen der nicht durchgängig befahrbar ist. Trifft also vollständig auf die Definition zu. Wenn damit nur bestimmte Hindernisse gemeint sein sollen, warum sind diese nicht weiter definiert? So müsste sich der Bürger auf die Willkür des Richters verlassen, ob dieses seinen Geschmack von Hindernis trifft.
Ohne Grundsatzurteil von höheren Instanzen wird das wohl dauerhaft eine rechtliche Grauzone bleiben.
Naja, so gesehen ist die Fahrspur ja durch ein parkendes Auto verengt.
Laut Gesetz ist das Reißverschlussverfahren nur bei Wegfall einer Fahrspur, oder bei einer Fahrbahnverengung anzuwenden! Ein geparktes Auto ist, anders als bei einem Unfall oder Baustelle (Wegfall Fahrspur, Fahrbahnverengung) gesetzlich nicht gleichzusetzen! Der Spurwechselnde hat die Vorfahrt der durchgehenden Fahrspur zu gewähren!
Meiner Meinung nach müsse bei einem Hindernis (egal in welcher Form auch immer) das Reißverschlussverfahren angewandt werden.
Es beugt unnötige Staus vor und sorgt gleichzeitig dafür, dass Fahrzeugführer nicht zu einem kompletten Stopp kommen müssen.
Hier gillt m. M. vorausschauend fahren und nicht “Ich gebe jetzt noch schnell Gas, weil ich eh Vorfahrt habe”.
Auf schnelleren Straßen herrscht dadurch erhöhte Unfallgefahr!
Eigentlich nicht. Reißverschluss gilt nur, wenn beide Spuren quasi enden (was durch das Enden des Mittelstreifens angezeigt wird) oder ein Schild ausdrücklich auf die Anwendung des Reißverschlussverfahrens hinweist.
Vor einigen Jahren wurde bei mir in der Gegend genau diese Straßenmarkierung mit einem Hinweisschild (Achtung, geänderte Vorfahrt) geändert. Statt der beendeten Mittellinie wurde diese bis zur durchgezogenen Linie der Straßenmitte weitergezogen*, was für mich bedeutet, dass der Verkehr auf der linken Spur den Verkehr auf der rechten Spur durchfahren lassen muss – das ergibt auch Sinn, weil rechts die Busspur beginnt und der Bus so Vorfahrt erhält.
*Zuvor waren beide Spuren gleich. Trennlinie der beiden Spuren war gestrichelt, die Begrenzung der Fahrtrichtung durchgezogen. Jetzt ist die rechte Spur unverändert breit und die gestrichelte Linie ist zur linken Mittellinie (durchgezogen) gezogen worden und lässt die Fahrbahn enden.
Mal abgesehen davon, dass es für die Autofahrer scheinbar schwierig ist, das Reißverschlussverfahren zu verstehen ist es noch schwieriger, wenn die “Bezeichnungen” missverständlich ausgelegt werden können. Vielleicht kann man sich ja auf eine Methode einigen, die dann aber auch überall im Land gleichermaßen umgesetzt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Luca H.