Verkehrsinfarkt: Unterscheidung von einem normalen Stau

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 22. August 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Warum wird überhaupt von einem Verkehrsinfarkt gesprochen?
Warum wird überhaupt von einem Verkehrsinfarkt gesprochen?

Die Grenzen des Transports

Im Jahr 2015 betrug die Anzahl der registrierten Fahrzeuge weltweit rund 1,3 Milliarden, Tendenz steigend. Immer mehr Menschen können sich Fahrzeuge leisten – um diese auch nutzen zu können, bedarf es im Mindesten eine entsprechende Infrastruktur. Doch schon jetzt stößt die Verkehrsführung vielerorts an ihre Grenzen – das dürfte jedem nachvollziehbar sein, der schon mal in einem Stau festgesteckt hat.

Die Gestaltung von Lebensräumen und die damit zusammenhängende Mobilität ist ein hochaktuelles Thema, welches viele gesellschaftliche Bereiche berührt. Denn dabei geht es nicht nur um technische Infrastruktur und Rohstoffe, sondern auch Länderpolitik und konkrete Lebensweisen. In diesem Zusammenhang fällt häufig auch der Begriff „Verkehrsinfarkt“. Was ist damit gemeint? Wodurch wird ein solcher Verkehrsinfarkt potentiell begünstigt?

FAQ: Verkehrsinfarkt

Was ist ein Verkehrsinfarkt?

Anders als beim Stau kommt der Verkehr bei einem Verkehrsinfarkt komplett zum Erliegen.

Welche Ursachen liegen einem Verkehrsinfarkt zugrunde?

Viele Umstände können dazu beitragen, dass sich die Verkehrslage zuspitzt und es schließlich zum Verkehrsinfarkt kommt, z. B. die zunehmende Urbanisierung. Welche Gründe es noch gibt, erfahren Sie, wenn Sie hier klicken.

Droht in Deutschland ein Verkehrsinfarkt?

Derzeit ist dies noch eher unwahrscheinlich. Allerdings ist ein Verkehrsinfarkt bei zunehmender Überlastung des Straßenverkehrsnetzes (private und öffentliche Verkehrsmittel) auch hierzulande nicht auszuschließen.

Wenn der Verkehr kollabiert

In der Medizin beschreibt das Wort „Infarkt“ das Absterben eines Organes aufgrund einer Durchblutungsstörung. Dieses Prinzip liegt auch dem Begriff „Verkehrsinfarkt“ zugrunde: Damit wird in der Regel ein Stillstand des motorisierten Verkehrs beschrieben. Hiermit sind jedoch keine alltäglichen Stausituationen gemeint, sondern ein Zusammenbruch des kompletten Verkehrssystems – zumeist aufgrund von Überlastung.

Ein Verkehrsinfarkt beschreibt also ein zumeist theoretisches Szenario. Der Begriff taucht als solcher auch nicht in Gesetzestexten – wie etwa der Straßenverkehrsordnung – auf, sondern wird eher im bildungssprachlichen Kontext verwendet.

Denkbare Folgen eines Verkehrsinfarktes

Die möglichen Konsequenzen, welche sich durch solch einen Verkehrsinfarkt ergeben würden, sind selbstverständlich alles andere als rosig. Schließlich hängt nahezu der gesamte Wohlstand vom Funktionieren des Straßenverkehrs ab.

Würde der Verkehr in einem belebten Ort auf kurz oder lang zusammenbrechen, dann wären die direkten Konsequenzen Versorgungsengpässe und natürlich auch Menschen, die zwangsläufig irgendwo festsitzen. Eine derartige Lage führt natürlich schnell zu Panik und einem rücksichtslosen Verhalten. Das Unfallrisiko würde beträchtlich erhöht.

Abgesehen von den Gütertransporten wäre wohl in vielen Fällen auch die medizinische Versorgung nicht länger sichergestellt. Weiterhin steht natürlich die Frage im Raum, wann und wie ein solcher Verkehrsinfarkt wieder aufgelöst werden könnte – und wie derweil der Wegfall der Verkehrsmöglichkeiten kompensiert wird. Kurzum: Ein Verkehrsinfarkt würde im Mindesten eine Menge Chaos anrichten und könnte, je nach Umfang, gesamtgesellschaftlich katastrophale Konsequenzen haben. Natürlich sind solche Beschreibungen äußerst pessimistisch. Nichtsdestotrotz unterstreichen sie, wie wichtig ein funktionierender Verkehr ist und wie gefährlich ein Verkehrsinfarkt sein kann.

Was ist ein Verkehrsinfarkt eigentlich? Und wodurch wird er verursacht?
Was ist ein Verkehrsinfarkt eigentlich? Und wodurch wird er verursacht?

Mögliche Gründe für einen Verkehrsinfarkt

Verschiedene Faktoren begünstigen einen tatsächlichen oder drohenden Verkehrsinfarkt. Die eingangs erwähnte, rasant fortschreitende Motorisierung ist nur ein Teilaspekt dieses sehr komplexen Problems.

  • Urbanisierung: Weltweit geht der Trend zur Verstädterung und Landflucht. Laut dem Portal Statista lebten 2015 bereits 53,9 % der weltweiten Bevölkerung in einer Stadt – und der Aufwärtstrend reißt nicht ab. Immer mehr Menschen sammeln sich in Ballungszentren. Dies führt natürlich zu einer allgemeinen Verdichtung des Straßenverkehrs. Diese Konzentration auf Wohnzentren hat auch Einfluss auf die Standorte der Arbeitgeber – denn diese lassen sich zumeist dort nieder, wo Arbeitnehmer leben. Der daraus entstehende Pendelverkehr in und aus der Stadt heraus ist eine zusätzliche Belastung für die eh schon erhöhte Verkehrsdichte. Gerade in Deutschland wird der Zwang zum Pendeln durch den momentanen Mangel an bezahlbarem Wohnraum noch verstärkt.
  • Unzureichende Infrastruktur: Das Risiko Verkehrsinfarkt hängt nicht nur von den Fahrzeugen selbst ab, sondern auch von den Strecken, auf denen sich diese bewegen müssen. Sind die örtlichen Straßen nicht an eine entsprechende Verkehrslast angepasst – etwa, weil diese zu schmal oder schlichtweg sanierungsbedürftig sind – dann bremst das natürlich den Verkehr aus. Mangelnde Aus- und Umleitungen des Verkehrs tragen ebenso zu einem Verkehrsinfarkt-Risiko bei; etwa, wenn in Knotenpunkten nicht genügend Brücken oder Tunnel vorhanden sind, welche den Verkehr entschlacken könnten.
  • Konsumismus: Besonders die Länder der ersten Welt verzeichnen einen hohen Konsum an Luxusgegenständen. Diese werden häufig preisgünstig in weit entfernten Ländern hergestellt und über das Internet erworben – was natürlich lange Lieferstrecken zur Folge hat. Flugzeuge, Frachter und vor allem Lieferwagen sind ständig von A nach B unterwegs und verstopfen den Verkehr.
  • Politische Agenda: Natürlich ist auch die verkehrspolitische Lobby innerhalb eines Landes ein entscheidender Faktor. In Deutschland etwa wurde unter dem damaligen Verkehrsminister Peter Ramsauer der Güterverkehr zunehmend auf die Straße verlegt – die Folge: Immer größere LKW-Lawinen auf deutschen Autobahnen, während viele Schienennetze brach lagen.

Droht Deutschland der Verkehrsstillstand?

Um einen Verkehrsinfarkt in Deutschland zu verhindern, sind einige Änderung vonnöten
Um einen Verkehrsinfarkt in Deutschland zu verhindern, sind einige Änderung vonnöten

Im Jahr 2014 verkündete der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt, dass Deutschland in den nächsten Jahren ein Verkehrsinfarkt bevorstehen würde. Grund für diese Aussage war eine Prognose der Bundesregierung, nach derer die Verkehrsbelastung bis 2030 noch einmal drastisch zunehmen würde. Dabei geht es jedoch nicht mehr nur um Straßen; auch Flughäfen und Schienen seien den kommenden Anforderungen nicht gewachsen, was allgemein höhere Investitionen nötig mache. Auch im Jahr 2017 häuften sich zum Jahresende hin Meldungen, die einen Verkehrsinfarkt rund um Weihnachten prognostizierten.

Fakt ist: Bis dato (Stand: 2019) ist es zwar hierzulande noch nicht zu apokalyptischen Szenenarien gekommen; dennoch sind die drohende Überlastung der Verkehrswege und die notwendige Umverteilung Themen, die in Zukunft wohl diskussionsbeherrschend sein werden. Denn verstopfe Autobahnen, überlastete Trassen, gravierender Personalmangel und teils unzumutbare Verkehrsbedingungen sind schon jetzt akute Probleme.

Wird über einen möglichen Verkehrsinfarkt diskutiert, dann ist auch stets die damit einhergehende Umweltbelastung ein Thema. Denn nicht nur strukturelle Fragen sind hier zu klären; der zunehmende Wohlstand wird zwangsläufig auch zu mehr Kraftfahrzeugverkehr führen. Die Verwendung alternativer Energiequellen und die Umstrukturierung der Verkehrsführung werden unvermeidlich, denn schon jetzt sind die Folgen des Klimawandels deutlich spürbar. Die Verkehrsinfarkt-Gefahr ist also ein Thema, dass jede Bürgerin und jeden Bürger betrifft.

Über den Autor

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Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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