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Klage gegen VW: So können Sie gegen den Konzern vorgehen

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Wenn der VW-Abgasskandal eine Klage nach der anderen ermöglicht

Besitzen Sie einen betroffenen Diesel des Konzern, können Sie nach dem VW-Skandal Klage einreichen.
Besitzen Sie einen betroffenen Diesel des Konzern, können Sie nach dem VW-Skandal Klage einreichen.

Im Herbst 2015 erschütterte der Abgasskandal des VW-Konzerns (Volkswagen) die Autowelt: Der Kfz-Hersteller baute eine Abgas-Software in Diesel-Fahrzeuge ein, welche den Ausstoß derart beeinflusst, dass er lediglich auf dem Prüfstand die Anforderungen erfüllt.

Besitzer eines VW-Autos sehen sich seitdem einer schier endlosen Reihe an Fragen und nervenaufreibenden Vorgängen gegenüber. Verkünden die Nachrichten von hohen Schadensersatzzahlungen an betroffene US-Bürger, heißt es im selben Atemzug, diese Option stehe in Deutschland nicht zur Debatte. Doch ist dem so? Können Kunden hierzulande keine Klage auf Schadensersatz gegen den VW-Konzern einlegen?

Dieser Ratgeber erläutert, wie Sie gegen VW Klage in Deutschland einreichen können, unter welchen Umständen es möglich ist, VW zu verklagen und welche Urteile nach Klagen gegen VW wegen des Abgasskandals bereits gefällt wurden. Des Weiteren erläutern wir, ob Sie sich einer Sammelklage gegen VW in Deutschland anschließen können.

FAQ: Klage gegen VW

Wann wurde im Zuge des Abgasskandals die erste Klage gegen VW in Deutschland eingereicht?

Im Oktober 2015 klagte der erste deutsche Betroffene auf Schadensersatz für den erlittenen Kursverlust.

Ist in Deutschland eine Sammelklage gegen VW möglich?

Nein, das deutsche Recht sieht eine Sammelklage nicht vor. Allerdings gibt es seit 2018 die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage, die erstmals beim Abgasskandal Anwendung fand.

Seit wann läuft das Verfahren um die Musterfeststellungsklage gegen VW?

Das Verfahren um die Musterfeststellungsklage begann am 30. September 2019 vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Die Parteien einigten sich schließlich auf einen Vergleich, woraufhin die Musterfeststellungsklage im April 2020 zurückgezogen wurde.

Haben Klagen gegen VW Aussicht auf Erfolg?

Wie vergangene Urteile zeigen, haben schon viele Gerichte den Klagen der Verbraucher Recht gegeben.

Dann können Autobesitzer Klage gegen VW einlegen

Die häufigste Frage von VW-Käufern ist zweifellos: „Wann kann ich gegen VW klagen?“ Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  • Ihr Auto ist betroffen und wurde mit der manipulierten Software ausgestattet.
  • Ihr Auto wurde nicht nachgerüstet oder eine Nachrüstung führte zu anderweitigen Verschlechterungen.
  • Ihr Anspruch auf eine Entschädigung ist noch nicht verjährt. In der Regel tritt die Verjährung drei Jahre, nachdem Sie über die Manipulation an Ihrem Fahrzeug Kenntnis erlangten, ein.

Doch auf welcher Anspruchsgrundlage basiert eine VW-Klage wegen manipulierter Diesel-Motoren? Grundsätzlich stehen betroffenen Kunden vier Ansprüche zur Verfügung:

  1. Nacherfüllung: Die manipulierte Software stellt einen Sachmangel dar, welcher vom Händler bzw. Hersteller ausgebessert werden muss.
  2. Rücktritt: Erfolgt die Nachbesserung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten. Hierbei erhalten Sie den Kaufpreis – abzüglich einer Nutzungspauschale – zurück.
  3. Kaufpreisminderung: Wird Ihr Anspruch auf Nachbesserung nicht erfüllt, können Sie aufgrund der erheblichen Wertminderung Ihres Autos den Kaufpreis nachträglich mindern.
  4. Schadensersatz fordern: Besteht nach der Nachbesserung weiterhin ein Schaden – etwa ein höherer Benzinverbrauch oder eine teurere steuerliche Einstufung – können Sie Schadensersatz von VW fordern.

Wenn Ihre Ansprüche nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erfüllt werden, können Sie klagen.

An wen richtet sich die Klage – gegen VW oder den Händler? Grundsätzlich können beide Parteien in Frage kommen. Allerdings unterliegen Ihre Ansprüche gegenüber Händlern engeren Verjährungsfristen. Um in Deutschland gegen den Volkswagen-Konzern Klage einzureichen, hatten Sie nur bis zum 31.12.2017 Zeit. Auch wenn der Händler Ihren Forderungen nicht nachkommen kann, können Sie sich direkt an VW wenden.

Als Aktionär gegen VW Klage einreichen: Voraussetzungen und Bestimmungen

Vor Gericht wurde mehr als eine Klage behandelt, weil VW für Diesel-Fahrzeuge manipulierte Software verwendet hat.
Vor Gericht wurde mehr als eine Klage behandelt, weil VW für Diesel-Fahrzeuge manipulierte Software verwendet hat.

Nicht nur Autobesitzer, auch Aktionäre konnten gegen VW wegen dem Abgasskandal klagen. Bei Bekanntwerden des Skandals sank der Aktienwert des DAX-notierten Unternehmens um mehr als 20 %. Auch nach Ablauf einiger Monate erholte sich der Wert einer Aktie der Volkswagen Aktiengesellschaft nicht auf den Stand vor dem Abgasskandal.

Weil der Konzern gegen seine Mitteilungspflicht gemäß § 15 des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) verstoßen hatte, konnten Sie als Aktionär VW auf Schadensersatz verklagen. Der wegen Abgas-/Emissionswertbetrug entstandene Skandal kam vielen Anlegern teuer zu stehen.

Betroffene konnten sich daher einem Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) anschließen. Einem solchen Verfahren können viele Betroffene beitreten. Es dient dazu, die Ansprüche von Anlegern in kapitalmarktrechtlichen Streitfragen durch ein Musterverfahren zu klären und durchzusetzen. Die Entscheidung, die in diesem Musterprozess gefällt wird, ist dann auch für alle anderen Betroffenen, die an dem Verfahren teilnehmen, verbindlich und gültig. Ein solches Musterverfahren spart Anwalts- und Gerichtskosten.

Im Falle des Abgasskandals haben Aktionäre allerdings nicht mehr die Möglichkeit, sich Kapitalanleger-Musterverfahren gegen VW anzuschließen, da die Verhandlungen bereits 2018 begonnen haben. Eine Entscheidung steht allerdings noch aus (Stand: Juni 2021). Dies liegt zum Teil auch daran, dass in Folge der Coronakrise mehrere Verhandlungstermine abgesagt oder verschoben werden mussten.

Achtung! Gerade bei Rechtsschutzversicherungen, die erst seit Kurzem laufen, wird der Schutz für Kapitalanlagen häufig ausgeschlossen. Bevor Sie alle Ihre Ansprüche gegenüber Volkswagen geltend machen, sollten Sie überprüfen, ob Ihre Versicherung die Kosten für ein Verfahren übernimmt.

Vergangene Urteile: Mehr als eine Klage gegen VW war erfolgreich

Möchten Sie gegen VW wegen Abgas- bzw. CO2-Austoßmanipulationen Klage einreichen, hilft ein Blick auf bereits gefällte Urteile, um einzuschätzen, welche Chancen Sie sich ausrechnen dürfen.

Verbraucherfreundliche Urteile: Dann hat sich eine Klage gegen den Volkswagen-Konzern bezahlt gemacht

Besitzen Sie einen betroffenen VW-Diesel? Eine Klage auf Schadensersatz ist vielleicht möglich.
Besitzen Sie einen betroffenen VW-Diesel? Eine Klage gegen VW auf Schadensersatz ist vielleicht möglich.

Die meisten Gerichte kamen zu dem Schluss, dass Verbraucher durchaus im Recht sind, manipulierte VW-Kfz gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurückzugeben, wenn die Nachbesserung nicht erfolgte. Über 50 solcher Urteile sind zu verzeichnen. Das Landgericht München entschied beispielsweise am 14. April 2016, dass ein VW-Händler ein betroffenes Diesel-Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten muss (Az.:23 O 23033/15).

Weiterhin bestimmte das Landgericht Offenburg am 21. März 2017, dass ein Autobesitzer nicht nur sein mangelhaftes Auto zurückgeben darf, sondern dass ihm ebenfalls stattdessen die Lieferung eines neuen und mangelfreien Fahrzeugs zusteht (Az.: 3 O 77/16).

In diesen Fällen hatte eine Klage gegen VW keinen Erfolg

Doch nicht jede Klage gegen VW verlief für den Kläger erfolgreich. Weil der Kläger keine schriftliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, entschied das Landgericht Düsseldorf am 23. August 2016, dass der Autohändler keine Rückabwicklung durchführen müsse (Az.: 6 O 413/15).

Weiterhin entschied das Landgericht Bochum am 16. März 2016, dass der Sachmangel als geringfügig einzuschätzen sei (Az.: I-2 O 425/15). Dieser Einschätzung widersprechen allerdings zahlreiche Gerichtsurteile.

Lassen Sie sich von einem versierten Anwalt beraten, wenn Sie nach dem VW-Skandal Klage einreichen möchten. Obige Urteile machen deutlich: Fehler bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche können verheerende Folgen nach sich ziehen.

Sammelklage gegen VW: Ist das möglich?

Bei einer Sammelklage wird nicht für eine einzelne Person ein Recht eingeklagt, sondern für eine ganze Gruppe bzw. Klasse von Geschädigten. Aus diesem Grund werden derartige Klagen in den USA auch “class actions” genannt. Die Rechtsfrage wird dabei für alle Betroffenen einheitlich geklärt. Wurde ein Fall verhandelt und ist ein Kläger erfolgreich, hat nicht nur er selbst Ansprüche, sondern auch alle anderen Personen, die in gleicher Weise betroffen sind. Diese Betroffenen müssen nicht selbst gegen den Gegner klagen. Es reicht aus, wenn sie nachweisen können, dass sie zu der jeweiligen geschädigten Gruppe gehören.

Viele Kunden in den USA haben an einer Sammelklage gegen VW teilgenommen.
Viele Kunden in den USA haben an einer Sammelklage gegen VW teilgenommen.

In den Vereinigten Staaten werden solche “class actions” häufig zur Durchsetzung der Rechte der Kunden gegenüber einem großen Konzern verwendet. So kam es dort in der Vergangenheit schon mehr als einmal zu einer Sammelklage gegen VW. (Dies war beispielsweise im August 2015 der Fall, als es um die möglichen Gefahren des automatischen Startsystems „Keyless Go“ ging.)

Da diese Klagen, wenn sie tatsächlich vor Gericht landen, immense Kosten für die betroffenen Unternehmen verursachen können und wahnsinnig viel Zeit in Anspruch nehmen, landen sie meist gar nicht erst vor Gericht. Stattdessen werden die Kläger mit einem Vergleich zufriedengestellt.

Eine solche Einigung fand Ende Juni 2016 auch in den USA bezüglich der Sammelklage gegen VW im Abgasskandal statt. Dort bekamen Volkswagen-Kunden die Möglichkeit, ihr Auto entweder zurückzugeben oder umrüsten zu lassen. Hinzu kam eine finanzielle Entschädigung.

Ist eine Sammelklage nach dem VW-Skandal in Deutschland möglich?

In Deutschland gibt es dieses juristische Prinzip der Gruppenbetroffenheit nicht. Jeder Geschädigte muss seinen individuellen Schaden nachweisen und aus diesem Grund einzeln für sich selbst klagen. Eine Sammelklage gegen VW nach US-amerikanischem Vorbild ist hier dementsprechend nicht möglich.

Nicht nur in den USA, auch in einigen Ländern der EU ist eine Sammelklage – beispielsweise gegen VW – möglich. Kritiker fordern gelegentlich, dass dies auch in Deutschland gesetzlich erlaubt werden soll. Sollte diese tatsächlich eines Tages Anklang finden, würde es jedoch Jahre dauern, bis diese tatsächlich in Deutschland angewendet werden könnte.

Keine Sammelklage gegen Volkswagen: Was können deutsche Kunden stattdessen unternehmen?

Wie bereits erwähnt, können sich Betroffene keiner VW-Sammelklage in Deutschland anschließen, stattdessen müsste hierzulande jeder einzeln gegen den Konzern klagen. Allerdings bieten einige Institutionen betroffenen Kunden die Möglichkeit, sich einer Stiftung anzuschließen, die die Interessen der deutschen Verbraucher vertritt und in ihrem Namen Schadensersatz fordert.

Um an einer solchen gegen den Konzern Volkswagen gerichteten “Sammelklage” teilnehmen zu können, müssen Sie sich online registrieren. Je nach Anbieter sind hierzu meist folgende Unterlagen nötig:

  • Leasing- bzw. Kaufvertrag für das Auto
  • Kreditvertrag (falls vorhanden)
  • Zulassungsbescheinigung Teil I (ehemals Fahrzeugschein)
  • Zulassungsbescheinigung Teil II (ehemals Fahrzeugbrief)

Die Unternehmen werben damit, dass keine Kosten für die Betroffenen anfallen, wenn VW den Prozess gewinnt. Kommt es jedoch zu Zahlungen von Schadensersatz, behält die jeweilige Institution einen gewissen Prozentsatz des Geldes ein – hier ist von Werten zwischen 18 und 35 Prozent die Rede.

Wollen Sie sich einer solchen “Sammelklage” gegen VW anschließen, ist zu bedenken, dass Sie Ihre Schadensersatzforderungen an das Unternehmen abtreten – Ihre Rechte gehen also auf die jeweilige Institution über. Sie können dann nicht mehr selbst gegen Volkswagen vorgehen. Stiftung Warentest warnt außerdem vor geringen Mängeln bei den Datenschutzbestimmungen, die außerdem schwer verständlich formuliert sind.

Des Weiteren bestand bis zum 29. September 2019 die Möglichkeit, sich einer Musterfeststellungsklage gegen VW anzuschließen. Das Verfahren selbst begann einen Tag später und endete schließlich nach mehreren Monaten mit einem Vergleich. Die Musterfeststellungsklage wurde daraufhin am 30. April 2020 zurückgezogen.

Probleme mit der Steuerkette bei Volkswagen

In den vergangenen Jahren kam es bei verschiedenen VW-Modellen vermehrt zu Problemen mit der Steuerkette, welche im schlimmsten Fall einen Motorschaden ausgelöst haben. Das Unternehmen startete jedoch keinen großangelegten Rückruf, da es sich angeblich nur um Einzelfälle handelte. Stattdessen wurden den deutschen Kunden Kulanzleistungen angeboten.

Viele Verbraucher waren unzufrieden und wollten ihr Recht einklagen. Doch auch in diesem Fall war eine Sammelklage gegen VW bei defekter Steuerkette eines Fahrzeugs nicht möglich. Zum einen, weil das deutsche System dies nicht vorsieht, zum anderen, weil es sich um eine freiwillige Leistung für ein Auto handelte, auf die keine rechtlichen Ansprüche bestanden.

Über den Autor

Autor
Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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3 Kommentare

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  1. Jürgen
    Am 20. April 2020 um 15:37

    Ist es noch moeglich 2020 gegen VW zu klagen ?
    MfG
    J.

  2. rebecca M.
    Am 23. August 2017 um 9:16

    Hallo bitte um Hilfe , möchte vw verklagen mein Auto wurde bewusst als Betrüger Auto auf’n Markt verkauft ! Habe wert Verlust nur Ärger seit der Rückruf Aktion ! Möchte vw jetzt verklagen und Schadenersatz vordern … wo hin melde ich mich

    • bussgeldkatalog.org
      Am 28. August 2017 um 10:58

      Hallo Rebecca,

      ein Anwalt kann Sie diesbezüglich beraten.

      Die Redaktion von bussgeldkatalog.org

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