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Zahlt VW eine Entschädigung in Deutschland? Infos zum Schadensersatz

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Urteile pro Verbraucher: Eine Entschädigung für VW-Kunden ist möglich!

Nicht immer reicht beim VW-Abgasskandal der Rückruf aus: Eine Entschädigung können Kunden verlangen.
Nicht immer reicht beim VW-Abgasskandal der Rückruf aus: Eine Entschädigung können Kunden verlangen.

Der VW-Abgasskandal startete eine der größten Rückrufaktionen des Konzerns. Die Aufspielung des Software-Updates zur Beseitigung der Schummelsoftware reicht vielen Verbrauchern nicht: Millionen betroffene Kunden hoffen darauf, vom Volkswagen-Konzern eine Entschädigung zu bekommen.

Doch muss VW überhaupt eine Entschädigung in Deutschland zahlen? Immerhin sind rund 2,4 Millionen Verbraucher betroffen.

Folgender Ratgeber beleuchtet, in welcher Form betroffene Autobesitzer eine Entschädigung für ihre VW-Diesel erhalten, wie hoch diese laut Gerichtsentscheidungen ausfallen kann und auf welcher Grundlage aktuelle Urteile gefällt werden.

FAQ: Entschädigung von VW in Deutschland

Erhalte ich von VW Schadensersatz in Deutschland?

Am 20. Mai 2020 wurde ein Grundsatzurteil zur VW-Entschädigung in Deutschland gefällt. Dieses sieht vor, dass die Kunden Schadensersatz erhalten müssen. Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel zum BGH-Urteil zum Abgasskandal.

Wie erhalte ich in Deutschland eine Entschädigung von VW?

Verbraucher müssen einzeln Klage erheben. So können Sie einen VW-Schadensersatz in der Höhe vom Kaufpreis geltend machen.

Gibt es auch Fälle, in denen VW keine Entschädigung in Deutschland zahlen muss?

Eine VW-Entschädigung für Diesel, die vom Abgasskandal betroffen waren, muss nicht erfolgen, wenn das Fahrzeug nach dem 22. September 2015 gekauft wurde.

Deutschland vs. USA: Entschädigung nach dem Abgasskandal ist nicht überall gleich

Während der VW-Konzern betroffenen Kunden in den USA recht zeitig eine pauschale Entschädigung gezahlt hat, ist eine entsprechende Regelung in Deutschland weder vom Gesetzgeber noch von VW umgehend umgesetzt worden.

Das bedeutet, dass Besitzer betroffener VW-Diesel um ihre Entschädigung vor Gericht kämpfen mussten. Eine Sammelklage gegen VW nach amerikanischem Modell ist nämlich nur in ganz bestimmten Fällen hierzulande möglich. Wenn etwa Aktionäre einen Schaden durch den Abgasskandal davongetragen haben, können sie sich in einem sogenannten Musterverfahren zusammenschließen.

Im Jahr 2017 fielen bereits einige Urteile zum VW-Skandal zugunsten der Verbraucher aus.

Urteile: VW schädigte seine Kunden in sittenwidriger Weise

Muss VW eine Entschädigung an betroffene Kunden zahlen?
Muss VW eine Entschädigung an betroffene Kunden zahlen?

Urteil um Urteil bestätigt im Jahr 2017, dass VW mit der Schummelsoftware versucht hat, sich auf sittenwidrige Weise einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, indem der Konzern scheinbar umweltfreundliche und gesetzeskonforme Autos vergleichsweise preiswert auf den Markt brachte.

Weiterhin stellten Gerichte fest, dass die Schädigung der Volkswagen-Kunden vorsätzlich erfolgte. Dies geht aus dem Umstand hervor, dass der Konzern um die Schummelsoftware wusste und damit auch über die Täuschung der Autokäufer informiert war:

Die Beklagte zu 2 [Volkswagen AG, Anm. des Autors] stellt ihr Fahrzeuge her. Um sie über die verschiedenen Betriebswege zu verkaufen. Es musste der Beklagten also klar sein, dass das von ihr hergestellte, mängelbehaftete Fahrzeug an Endverbraucher verkauft werden würde, ohne dass diesen die Mängel der eigentlich fehlenden Zulassungsfähigkeit offenbart würden, weil nur die Beklagte zu 2 die hierzu erforderlichen Kenntnisse hatte und beim KBA eine inhaltlich unrichtige Feststellung hinsichtlich der Zulassungsfähigkeit erwirkt hatte.“ (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 14.06.2017, Az. 12 O 104/16)

Diese beiden Feststellungen begründen unter anderem, dass betroffenen Kunden eine Entschädigung bzw. ein Schadensersatz für den VW-Skandal zusteht.

Auch VW-Händler müssen Entschädigung leisten: In Deutschland bestätigen dies erste Urteile

In der Frage, ob der VW-Skandal zur Entschädigung für in Deutschland betroffene Kunden führt, kommen zwei Schädiger in Betracht: Der Volkswagen-Konzern selbst und der Autohändler, welcher durch Schummelsoftware manipulierte Fahrzeuge verkauft hat.

Betroffene des Abgasskandals sollten ihre Ansprüche an beide richten: Urteile bestätigen, dass diese zwei Parteien den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung gesamtschuldnerisch erstatten müssen.

Von der Erstattung des Kaufpreises zum Neuwagen: Urteile zur pflichtigen Entschädigung von VW

Möchten Sie von VW eine Entschädigung bekommen? In Deutschland müssen Sie dafür vor Gericht ziehen.
Möchten Sie von VW eine Entschädigung bekommen? In Deutschland müssen Sie dafür vor Gericht ziehen.

Im Jahr 2017 kristallisiert sich heraus: VW muss eine Entschädigung auch in Deutschland an seine vom Abgasskandal betroffenen Kunden zahlen. In den meisten Fällen erhalten Verbraucher den Kaufpreis des schmutzigen Diesels abzüglich einer Nutzungsentschädigung und zuzüglich Zinsen zurück.

Doch Gerichte entschieden mitunter auch, dass der Betroffene ein Anspruch auf einen Neuwagen ohne Mängel – also ohne Manipulationssoftware – hat.

Viele Urteile bestimmen, dass der VW-Konzern und der Autohändler, welcher das Auto verkaufte, zum großen Teil gesamtschuldnerisch haften.

Das bedeutet, dass die für den Verkauf von einem mangelhaften VW-Diesel festgelegte Entschädigung von beiden Parteien gezahlt werden muss bzw. dass der geprellte Kunde sich aussuchen kann, von wem er die Entschädigung einfordert.

Verlangt ein Autobesitzer von VW die Entschädigung für ein Diesel-Kfz mit einem Motor des Typs EA 189, muss der Konzern nach der Begleichung den Anteil des Autohändlers selbst zurückfordern.

Entscheidungen des BGH zur VW-Entschädigung in Deutschland

In den ersten Zügen des Abgasskandals gab es in Deutschland kein grundsätzliches Urteil zu dieser Thematik. Viele Kläger hatten sich außergerichtlich mit VW auf eine Entschädigung für den Diesel verständigt.

Letztendlich hat es aber eine Klage zum Abgasskandal vor den Bundesgerichtshof geschafft. Dieser hat seither viele Entscheidungen diesbezüglich gefällt. Diese haben wir in der nachfolgenden Tabelle für Sie zusammengefasst:

DatumEntscheidung des BundesgerichtshofsAktenzeichen
30.07.2021BGH entscheidet: Bei Teilnahme an der Musterfeststellungsklage stoppt die Verjährung der Schadenersatzansprüche (rückwirkend zum 1.11.2018 - Tag der Klageerhebung)VI ZR 1118/20
19.01.20211. Beschluss zum Daimler-Thermofenster: Autobesitzer können Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn Autohersteller das KBA bewusst falsch über illegale Mechanismen informiert haben. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.VI ZR 433/19
30.07.2020Laut BGH-Urteil gibt es keine Entschädigung, wenn das Kfz nach dem 22. September 2015 gekauft wurde.VI ZR 5/20
30.07.2020BGH-Urteil: Es gibt keine Entschädigung, wenn das Kfz bereits die zu erwartende Laufleistung erbracht hat - in der Regel 250.000 gefahrene Kilometer (bei größeren Kfz u. U. 300.000 Kilometer).VI ZR 354/19
30.07.2020BGH-Urteil: Opfer des Abgasskandals erhalten keine zusätzlichen Zinsen auf den Kaufpreis. Erstattet wird nur der Kaufpreis (abzüglich der gefahrenen Kilometer).VI ZR 397/19
25.05.2020Grundsatz-Urteil des BGH: VW muss den Kaufpreis (unter Anrechnung der gefahrenen Kilometer) dem Kläger erstatten.VI ZR 252/19
08.01.2019(Hinweis-)Beschluss des BGH: Käufer von Kfz mit illegaler Abschalteinrichtung können Schadensersatzansprüche geltend machen.VIII ZR 225/17

VW-Schadensersatz: Was fordern Aktionäre?

Nachdem Volkswagen Ende September 2015 zugab, dass die Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen mit dem Motor der Baureihe EA 189 manipuliert wurden, verlor die Aktie des Unternehmens immens an Wert. Dies führte dazu, dass die Anleger, die in dieses Wertpapier investiert hatten, großen finanziellen Schaden nahmen.

Bei den Betroffenen handelt es sich nicht nur um Privatanleger. So gibt beispielsweise das Bundesland Hessen an, dass es rund 3,9 Millionen Euro beim Verkauf seiner VW-Aktien, die nach dem Skandal stark im Wert gesunken waren, verloren hatte.

Bei Privatanlegern mag es sich zwar nicht um so große Verluste handeln, jedoch überlegen viele, von VW Schadensersatz zu verlangen. Als rechtliche Grundlage dafür, dass juristische Schritte überhaupt möglich sind, dient folgender Vorwurf: Laut Experten hat Volkswagen gegen die sogenannte Ad-hoc-Publizitätspflicht verstoßen, welche in § 37b des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) festgelegt ist.

Auch Aktionäre fordern von VW Schadensersatz.
Auch Aktionäre fordern von VW Schadensersatz.

Laut diesem Gesetz ist ein börsennotiertes Unternehmen wie Volkswagen dazu verpflichtet Schadensersatz zu zahlen, wenn es Informationen, die Einfluss auf den Börsenkurs haben können, nicht sofort – also ad hoc – nach deren Bekanntwerden veröffentlicht.

Möchten Sie als betroffener Anleger von VW Schadensersatz einfordern, können Sie zum einen selbst Klage gegen den Konzern erheben. Zum anderen können Sie sich einer Klage nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) anschließen.

Im Zuge eines solchen Verfahrens, an welchem theoretisch unendlich viele Betroffene teilnehmen können, wird in einem Musterprozess eine Entscheidung gefällt. Diese ist dann für alle anderen angeschlossenen Personen gültig und verbindlich.

Bei einem Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz handelt es sich um eine relativ einfache und kostengünstige Möglichkeit für Anleger, VW auf Schadensersatz zu verklagen. Allerdings ist zu beachten, dass es durchaus Jahre dauern kann, bis eine abschließende Entscheidung vom zuständigen Gericht gefällt wird.

Über den Autor

Autor
Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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