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Anonymverfügung aus Österreich: Vollstreckung in Deutschland

Von Gitte H.

Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die Anonymverfügung im österreichischen Verwaltungsstrafverfahren

Geblitzt in Österreich: Es wird zwischen Anonymverfügung und Strafverfügung unterschieden.
Geblitzt in Österreich: Es wird zwischen Anonymverfügung und Strafverfügung unterschieden.

Sowohl beim Organmandat (Organstrafverfügung) als auch bei der Anonymverfügung in Österreich handelt es sich um vereinfachte Verwaltungsstrafverfahren. Das bedeutet, dass ermächtigte Organe (z. B. Polizei) direkt an Ort und Stelle eine Geldstrafe „einheben“ können. Das geschieht z. B. indem sie den Betroffenen direkt zur Kasse bitten oder einen Beleg am Fahrzeug hinterlassen (ähnlich wie beim Strafzettel in Deutschland).

Da in Österreich Halterhaftung gilt, wird die Organstrafverfügung sozusagen gegen „Anonym“ verhängt (daher die Bezeichnung Anonymverfügung) – der tatsächliche Fahrer wird nicht ermittelt. Dies ist ein Verfahren, das in Deutschland so nicht praktiziert wird, denn hierzulande muss nur der Fahrer aber nicht der Halter eines Kfz für damit begangene Ordnungswidrigkeiten haften.

Es liegt im Ermessen des ermächtigten Organs, ob eine Organ- oder Anonymverfügung anstelle einer Strafverfügung (Anzeige) verhängt wird. Die Höhe der zu zahlenden Strafe ist bei der Anonymverfügung in Österreich auf maximal 365 Euro begrenzt. Ob auch deutsche Autofahrer diese bezahlen müssen, klären wir im Folgenden.

FAQ: Anonymverfügung

Was ist eine Anonymverfügung?

Es handelt sich um ein abgekürztes Verfahren im Verwaltungsstrafrecht, ähnlich dem Organmandat. Sie wird in der Regel nur bei mittelschweren Vergehen angewendet.

Bis wann kann ich eine Anonymverfügung bezahlen?

Sie haben hierfür vier Wochen Zeit.

Kann ich gegen eine Anonymverfügung vorgehen?

Sie können keinen Einspruch einlegen. Allerdings ist es möglich, die Zahlung zu verweigern, woraufhin es zur Anzeige kommt. Hier ist ein Einspruch möglich.

Anonymverfügung aus Österreich einfach nicht zahlen?

Was passiert, wenn Betroffene die Anonymverfügung aus Österreich nicht bezahlen?
Was passiert, wenn Betroffene die Anonymverfügung aus Österreich nicht bezahlen?

In Österreich gilt Halterhaftung, in Deutschland dagegen Fahrerhaftung. Das heißt, dass hierzulande nur der tatsächliche Fahrer für eine begangene Ordnungswidrigkeit geradestehen muss. Aufgrund des Amts- und Rechtshilfevertrages zwischen Deutschland und Österreich ist es grundsätzlich möglich, Geldsanktionen ab einer Bagatellgrenze von 25 Euro im jeweils anderen Land zu vollstrecken.

Bei einer Anonymverfügung aus Österreich in dieser Höhe bleibt dennoch die Frage zu klären, ob der deutsche Kfz-Halter haften muss, wenn er nicht selbst gefahren ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob er dazu verpflichtet ist, den eigentlichen Fahrer zu benennen. In Deutschland können sich Betroffene in der Regel auf ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht berufen. Österreich gewährt dies nicht, was in einer Entscheidung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Az. 13201/05) beanstandet wurde.

Das Bundesamt für Justiz, welches für die Vollstreckung ausländlicher Bußgeldbescheide in Deutschland zuständig ist, verweist bezüglich der Fälle von Halterhaftung auf § 87b des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Wenn Sie selbst nicht der Fahrer waren, müssen Sie diesen Einwand entweder bereits vor Ort in Österreich oder später vor dem BfJ vorbringen (§ 78 b Abs. 3 Nummer 9 IRG). Weil diese Praxis dem deutschen Verfahrensrecht entgegensteht, ist die Vollstreckung von Geldsanktionen, bei denen der Halter den Fahrer nicht benennen kann, in der Regel nicht möglich. Im Einzelfall hat dies jedoch ein Gericht zu entscheiden.

Für die Zahlung der Anonymverfügung setzt Österreich eine Frist von vier Wochen fest. Zahlen Sie nicht, werden sich die österreichischen Behörden um die Lenkererhebung (Fahrerermittlung) bemühen.

Gegen die Anonymverfügung aus Österreich ist kein Einspruch möglich

Anonymverfügung wegen einer Geschwindigkeitsübertretung: In Österreich muss der Fahrzeughalter haften.
Anonymverfügung wegen einer Geschwindigkeitsübertretung: In Österreich muss der Fahrzeughalter haften.

Weder gegen ein Organmandat noch eine Anonymverfügung aus Österreich können Sie Einspruch einlegen. Das liegt daran, dass es sich – ähnlich wie beim Verwarnungsgeld hierzulande – um eine Art Entgegenkommen der österreichischen Behörde handelt.

Wenn Sie trotzdem der Ansicht sind, fälschlicherweise einer Ordnungswidrigkeit bezichtigt zu werden, können Sie die Zahlung der Anonymverfügung verweigern. In Österreich wird dann das sogenannte Verwaltungsstrafverfahren in die Wege geleitet. In diesem Verfahren ist es dann durchaus möglich, Einspruch einzulegen.

Für Verkehrsverstöße beträgt die Verjährungsfrist in der Regel ein Jahr. Diese Frist kann nur durch eine Verfolgungshandlung unterbrochen werden. Weil sie nicht in diese Kategorie fällt, unterbricht die Anonymverfügung die in Österreich geltende Verjährung nicht.

Über den Autor

Gitte
Gitte H.

Gitte erhielt ihren Master-Abschluss in Germanistik und Kommunikationswissenschaften. Als Redakteurin schreibt sie Ratgeber im Bereich Verkehrsrecht und unterstützt die bussgeldkatalog.org-Redaktion tatkräftig im Lektorat. Außerdem zählen die Pflege und Kontrolle unseres YouTube-Kanals zu ihren Kernaufgaben.

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13 Kommentare

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  1. Julian G.
    Am 16. August 2022 um 11:59

    Hallo,

    wie sieht es mit der Bagatellgrenze bei mehreren Parkzetteln aus, die jeweils 20€ kosten. Ist jeder einzelne Strafzettel dann unter der Bagatellgrenze (und somit in Deutschland z.B. nicht vollstreckbar), oder summieren sich die Strafzettel und man überschreitet bei zweien schon die Bagatellgrenze?

    Danke

  2. Christian
    Am 24. Mai 2022 um 22:25

    In Österreich gilt Halterhaftung. Wenn ein Fahrzeug geblitzt wird, ist durch das Nummernschild bewiesen, dass es dieses Fahrzeug war. Der Behörde ist es erstmal egal, wer das Fahrzeug gefahren hat, weil der Halter (Zulassungsbesitzer) für das Vergehen haftet. Dieser kann die Anonymverfügung einzahlen (oder sie an den tatsächlichen Fahrer weitergeben, dass dieser sie einzahlt), oder aber die Zahlung unterlassen, was ein Verwaltungsstrafverfahren einleitet, das dann auch teurer ist. Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens wird der Lenker erhoben, für den dann die Strafe ausgestellt wird.
    In Österreich muss für Die Anonymverfügung kein Beweisfoto des Gesichts vorhanden sein. Die Behörde hat den Beweis, dass das Fahrzeug des Halters zu schnell war, und das reicht für die Anonymverfügung gegen den Halter.

  3. Peter
    Am 1. September 2021 um 20:38

    Hallo, ich hab meinen PKW noch angemeldet verkauft, anschließend ist der Käufer ohne das Fahrzeug umzumelden, damit nach Österreich gefahren. Als Ergebnis habe ich jetzt eine Anonymverfügung aus Österreich bekommen, weil der Herr Käufer ohne Parkschein geparkt hat.
    Ich habe keinen Kontakt zum Käufer.
    Wie verhält es sich jetzt?

    Mfg

    • bussgeldkatalog.org
      Am 23. September 2021 um 9:29

      Hallo Peter,

      wir dürfen leider keine Rechtsberatung geben. Wenden Sie sich daher bitte an einen Anwalt fürs Verkehrsrecht.

      Die Redaktion von bussgeldkatalog.org

  4. Helga
    Am 25. Juni 2020 um 16:45

    Habe eine Anonymverfügung bekommen. Die Verwaltungsübertretung war am 14.2.2020. Die Verfügung ist am 17.6.2020 ausgestellt worden.
    Muss ich diese nach 4 Monaten noch bezahlen?
    MfG Helga

  5. Steiert E.
    Am 2. März 2020 um 16:39

    Hallo Betreff Anonymverfügung: Habe aus Österreich ein schreiben erhalten, Vorwurf im Bereich des Vorschriftszeichen “Halten und Parken verboten”gehalten.ist der geforderte Betrag von 35,00 Euro nach §24(1)a rechtens.Vg. Erich S.

  6. Elias
    Am 27. Dezember 2019 um 10:40

    So sind halt die Deutschen, könne nichts anderes als Rasen und sich dann beschweren wenn die Strafe aus dem Ausland kommt. Jetzt im ernst der Kommentar von “Mark” lässt in mir grad die wogen hochgehen. Paradebeispiel von deutscher Arroganz. Bei der Anonymverfügung müssen die Behörden noch keine Beweise vorlegen. Erst wenn du dich weigerst zu Zahlen wird die Verfügung zu einer Anzeige gewandelt. Dann werden die Behörden beweisen wie wo und wann geblitzt wurde. Hatte ein Kumpel von mir auch gemeint er muss nicht zahlen, hatte dann einen netten brief bekommen. Und in Österreich blitzen die auch von hinten deshalb merkt man das nicht gleich. Damit man nicht erst kurz vor dem Blitzer abbremst. Hat ja einen Sinn das ganze. Habe selbst auch schon 2 Überraschungsbriefe erhalten. Und wenn du das nächste mal im Ausland unterwegs bist, dann halt dich bitte an die Geschwindigkeitsbegrenzung, dann gibt’s auch keinen Brief. Wenn du dir sicher bist, dass du nicht zu schnell gefahren bist, dann zahle einfach nicht und schau was passiert ;-)

    • Jochen
      Am 5. April 2023 um 12:57

      Die Deutschen rasen.
      Ich wohne an der A8 bei Bad Reichenhall und kann von Ösi Rasern nur so schwärmen. Wenn man in Reichenhall auf der Atobahn Richtung München fährt musst du schauuen das man rechts rüberkommt da dann auf der linken Spur die Österreicher mit Vollgas kommen da sie bei sich nur 130 fahren dürfen. Insbesonders die mit Kennzeichen ZE, KB, JO und W

  7. Mark
    Am 4. Dezember 2019 um 11:53

    Habe ich auch kürzlich nach 11 Monaten in Deutschland zugestellt bekommen – Verstoß im Januar und angeblich 6km/h zu viel. Kein Foto, Beweis oder sonstiges – steht nichtmal drin, wie gemessen wurde. Mitbekommen hat im Auto auch keiner was. So sind die Ösis. Daumenregel und ab dafür. Und dann genau 30 Euro, damit die Bagatellgrenze nicht greift. Immerhin kann ich dafür 13Stunden Ersatzfreiheitsstrafe antreten (höhö). Einfach nur Abzocke, weil die Ösis die Deutschen nicht leiden können.

    • Edith F
      Am 21. Januar 2023 um 1:17

      Auch wir Österreicher bezahlen bei 6 km/h mehr 30 Euro Strafe.Bei 10 km/h habe ich 59 bezahlt und das schon vor Jahren.
      Das hat nix damit zu tun wer jemanden mag oder nicht.

    • Spaß Lust
      Am 6. Oktober 2021 um 18:09

      Stimmt sicher. 🤥

  8. christian
    Am 26. November 2019 um 17:12

    im rahmen des vereinfachten verwaltungsstrafverfahrens (= anonymverfügung) gibt es keine akteneinsicht (wozu auch das radarfoto zählt). erst wenn man die vierwöchige frist verstreichen lässt, kommt es zu einem ordentlichen verwaltungsstrafverfahren, wo man parteienstellung hat und einem akteneinsicht gewährt wird.

  9. Andrea
    Am 10. Oktober 2019 um 2:06

    Hallo, ich habe aus Österreich eine Anonymverfügung wg. eines Geschwindigkeitsvergehens erhalten. Allerdings war kein Beweisfoto dabei, wie das in Deutschland üblich ist. Ist das zuläsdig?

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