Platooning beim Lkw-Verkehr: Wie funktioniert das?
Letzte Aktualisierung am: 16. Oktober 2024
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
FAQ: Platooning
Das Platooning wird im Deutschen auch als „elektronische Deichsel” bezeichnet. Dahinter steckt ein technisches Steuersystem, über das sich Kraftfahrzeuge, insbesondere Lkw, miteinander vernetzen. Das ermöglicht ihnen, eine Kolonne mit sehr geringem Abstand zwischen den einzelnen Fahrzeugen zu bilden, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird. Mehr Informationen zur Funktionsweise erfahren Sie hier.
Durch den verringerten Sicherheitsabstand nehmen die Lkw weniger Platz ein, was anderen Fahrzeugen das Überholen leichter macht. Zudem wird das Bremsen der Lkw in der Kolonne von einem Computersystem übernommen. Dieses hat eine erheblich kürzere Reaktionszeit als ein menschlicher Fahrer, was das Risiko eines Auffahrunfalls innerhalb der Kolonne verringert. Zu guter Letzt bewirkt Platooning auch eine Spritersparnis, die allerdings bei bisherigen Tests nicht so groß ausfiel, wie erhofft.
Ja, allerdings nur in Form von diversen Test-Projekten, um die Technik zu perfektionieren. Eine kommerzielle Einführung ist bislang nicht in Sicht. Dafür wäre vermutlich auch erst eine Änderung des Verkehrsrechts, allen voran der Abstandsregeln in der StVO, erforderlich.
Inhaltsverzeichnis:
Platooning: Wenn Trucks in automatischen Kolonnen fahren
Auf der Autobahn müssen Lkw zum Vordermann mindestens 50 Meter Abstand einhalten, solange sie schneller als 50 km/h fahren. Das Fahren mit geringerem Abstand wäre viel zu gefährlich; denn würde das vordere Fahrzeug bremsen, hätte der Lkw hinter ihm kaum genügend Zeit, selbst zum Stehen zu kommen. Zumindest dann, wenn man die Reaktionszeit des Lkw-Fahrers berücksichtigt.
Was aber wäre, wenn gar kein Mensch das Bremsen übernähme, sondern ein Computersystem? Und was wäre, wenn dieses mit dem Fahrzeug vor ihm vernetzt wäre, sodass es im exakt gleichen Moment abbremsen könnte wie der Vordermann? Dann könnte der Lkw tatsächlich in einem geringeren Abstand fahren, ohne die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen.
Genau dieses Ziel verfolgt das sogenannte Platooning. Der Begriff leitet sich vom englischen „platoon” ab, womit ein militärischer Zug bezeichnet wird. Im Deutschen ist das Platooning auch als „elektronische Deichsel” bekannt. Es handelt sich hierbei um ein technisches Steuersystem, bei dem sich mehrere Lkw miteinander vernetzen und so in einer Kolonne mit geringem Abstand zueinander fahren.
Nur der vorderste Lkw wird dabei von einem menschlichen Fahrer gelenkt. Er bestimmt die Richtung und die Geschwindigkeit. Die Lkw hinter ihm folgen ihm automatisiert und führen exakt die gleichen Fahrmanöver aus. Durch einen ständigen Datenaustausch zwischen den Fahrzeugen „wissen” die Steuersysteme der hinteren Lkw sofort, wann der vorderste bremst, und können exakt im gleichen Moment bremsen. Es entsteht keine Verzögerung aufgrund der Reaktionszeit, wie das bei einem menschlichen Fahrer der Fall wäre. Das Platooning ermöglicht es den Lkw somit, in einem Abstand von 15 bis 20 Meter zueinander zu fahren, ohne dass sich die Gefahr eines Auffahrunfalls erhöht.
Noch befindet sich Platooning in der Testphase
Wie so viele Formen des autonomen Fahrens ist auch das Platooning noch nicht bereit für eine kommerzielle Einführung. Doch die Technik wirkt bereits vielversprechend. 2017 gab es in den USA die ersten Tests auf öffentlichen Highways; in Deutschland startete der erste Versuch 2018.
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML veröffentlichten im August 2020 eine Studie zum Platooning und zeigten sich zuversichtlich, dass die Technologie in naher Zukunft ausgereift sein wird. Trotzdem könnte es noch eine Weile dauern, bis Platooning auf den Straßen tatsächlich zum Alltag wird, zumindest in Deutschland. Denn noch fehlt es an den gesetzlichen Grundlagen zum autonomen Fahren. Hier wären zum Beispiel Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrs-Ordnung erforderlich.
Auch müssten die Fahrzeughersteller ein echtes Interesse haben, das Platooning serienmäßig einzuführen. Dazu müssten die Vorteile des Systems die Kosten überwiegen, was nach aktuellem Stand eher nicht der Fall ist. Zum jetzigen Zeitpunkt handelt es sich beim Platooning daher vor allem um Grundlagenforschung.
Was bringt Platooning?
Die Vorteile vom Platooning mögen aktuell nicht groß genug sein, um eine serienmäßige Einführung zu rechtfertigen. Trotzdem gibt es sie:
- Durch das Platooning nehmen mehrere Trucks auf der Autobahn weniger Platz ein. Das macht es anderen Fahrzeugen leichter, Lkw-Kolonnen zu überholen.
- Da beim Platooning nur im vordersten Lkw ein Fahrer gebraucht wird und die übrigen Lkw autonom fahren, kann das System Personalmangel ausgleichen.
- Das Platooning kann die Gefahr von Auffahrunfällen innerhalb der Kolonne verringern, da die Computertechnik viel schneller abbremsen kann als ein menschlicher Fahrer.
- Durch den verringerten Abstand können die Lkw beim Platooning im Windschatten des vorderen Fahrzeugs fahren. Sie haben dadurch einen geringeren Luftwiderstand und verbrauchen weniger Sprit.
Der Punkt der Spritersparnis ist das Hauptargument fürs Platooning – und gleichzeitig der Grund, warum es von Herstellern und Gesetzgebern nicht stärker vorangetrieben wird. Denn wie viele Tests zeigen, bleibt die tatsächliche Einsparung weit hinter den Erwartungen zurück.
Als beispielsweise die DB Schenker 2018 ihre Platooning-Versuche auf deutschen Autobahnen startete, erhofften sich die Initiatoren eine Spritersparnis von bis zu 10 Prozent. Diese Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht: Die tatsächliche Krafteinsparung betrug gerade einmal 3 bis 4 Prozent. Fahrzeughersteller Daimler musste eine ähnliche Enttäuschung bei seinen Platooning-Versuchen erleben.
Quellen und weiterführende Links
- Pressemitteilung zum Platooning-Projekt der DB Schenker, MAN und der Hochschule Fresenius (10.05.2019)
- Studie zum Platooning vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML (31.08.2020)