Notbremsassistent: Funktionsweise, Schwächen und Pflicht
Letzte Aktualisierung am: 24. August 2024
Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Wie kann der Notbremsassistent den Fahrer unterstützen?
In der heutigen Zeit gibt es zahlreiche Fahrerassistenzsysteme, die – wie der Namen schon vermuten lässt – den Fahrer bei der sicheren Fahrt unterstützen. Eines dieser intelligenten Systeme ist der Notbremsassistent, der einschreiten soll, wenn der jeweilige Auto- oder LKW-Fahrer einen Moment unaufmerksam war.
Aber wie funktioniert so ein Notbremsassistent im PKW eigentlich? Was muss ein Notbremsassistent im LKW können? Und lässt sich dieser nützliche Begleiter nachträglich einbauen? Außerdem: Was beeinträchtigt den Notbremsassistenten? Die Antworten auf diese und viele weitere Fragen lesen Sie im Folgenden.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Notbremsassistent
Mithilfe spezieller Sensoren oder z. T. Kameras, erkennt der Notbremsassistent Hindernisse und warnt den Fahrer durch akustische oder optische Signale. Er kann auch die Geschwindigkeit reduzieren oder im Notfall eine Gefahrenbremsung einleiten.
Ja, alle LKW, die seit 2015 zugelassen wurden, müssen über dieses Fahrerassistenzsystem verfügen.
Nein, er kann z. B. bei Regen, Schnee oder Schmutz am Auto beeinträchtigt werden.
Wie funktioniert der Notbremsassistent?
Der Notbremsassistent, der im Englischen Autonomous Emergency Braking (AEB) heißt, vollzieht nicht gleich bei jedem kleinen Hindernis eine Notbremsung, wie einige vielleicht vermuten. Der vorausschauende „Beifahrer“ berechnet über mehrere Sensoren während der Fahrt dauernd die Geschwindigkeit und die Abstände zu anderen Fahrzeugen. Unterschreitet der Fahrer den notwendigen Sicherheitsabstand so weit, dass eine Bremsung einem Auffahrunfall nicht mehr vorbeugen würde, registriert das System dies und errechnet den entscheidenden Zeitpunkt, an dem eine unfallfreie Bremsung noch möglich wäre.
Viele Systeme warnen den Fahrer über den Bordcomputer akustisch oder optisch vor der kritischen Situation. Nimmt der Fahrer dann nicht den Fuß vom Gas oder tritt selbst auf die Bremse, wird der Notbremsassistent aktiv. Der technische Helfer drosselt dann entweder das Tempo, indem er die Zufuhr an Kraftstoff reduziert oder er leitet direkt eine Vollbremsung ein, wenn dies erforderlich ist. Er kann den Fahrer auch nur beim Bremsen unterstützen. Dazu misst der Notbremsassistent durchgehend die Beschleunigung des Wagens sowie die Pedalstellungen und die Lenkwinkel des Wagens.
Oftmals kommt der Notbremsassistent nicht allein, sondern in Kombination mit einem Bremskraftverstärker (BAS) daher. Dieser ermöglicht eine stärkere Bremsung bei gleicher Kraft. So kann ein Auto mit Notbremsassistent einen Fußgänger als Hindernis erkennen und das Tempo rechtzeitig vor einem Zusammenstoß reduzieren.
Sollte ein Unfall einmal nicht mehr vermeidbar sein, weil der Fahrer beispielsweise nicht auf die akustischen oder optischen Signale seines Helfers reagiert, kann der Notbremsassistent in modernen Autos die Sicherheit trotz Auffahrunfall weiter erhöhen, indem er die Kopfstützen und Rückenlehnen optimal ausrichtet und die Sicherheitsgurte anspannt. Die körperlichen Unfallschäden sollen damit so gering wie möglich gehalten werden. Viele neue Fahrzeuge sind daneben in der Lage, einen eCall, also einen automatischen Notruf abzusetzen, damit schnell ärztliche Hilfe erscheint.
Wie gut Notbremsassistenten funktionieren, hat die DW in einem Test geprüft. Die Ergebnisse zeigt Ihnen dieses Video:
Der Notbremsassistent kann durch einige Punkte beeinträchtigt werden
Der Notbremsassistent funktioniert nur einwandfrei, wenn alle seine Sensoren und Kameras freie Sicht haben. Diese kann ihm Straßenverkehr schon einmal gestört werden, zum Beispiel durch
- Nebel
- Regen
- Schnee
- Vereisungen am Auto
- Hinterlassenschaften von Vögeln
Natürlich sollten auch die Reifen alle gesetzlichen Bestimmungen erfüllen, damit sich der Notbremsassistent auf diese verlassen kann, wenn es darauf ankommt. Sie sollten beispielsweise eine Mindestprofiltiefe von 1,6 mm aufweisen. Experten empfehlen aber meist 3 bis 4 mm Profiltiefe für eine optimale Bodenhaftung, die auch bei Regen oder Schnee einiges mitmacht.
Ist der Notbremsassistent für LKW Pflicht?
Weil der Notbremsassistent in seiner Funktion in vielen Tests überzeugt hat, wurde dieser europaweit zu einer Pflichtausstattung für alle LKW, die ab 2015 zugelassen wurden und mehr als acht Tonnen wiegen, erklärt. Allerdings ist die Bezeichnung „Notbremsassistent“ nicht ganz zutreffend. Bis Ende Oktober 2018 musste der Notbremsassistent im LKW laut Gesetz die gefahrene Geschwindigkeit lediglich um 10 km/h reduzieren. Seit November muss das Tempo um 20 km/h verringert werden. Experten fordern eine flächendeckende Ausstattung, sodass der Notbremsassistent in nahezu jedem LKW verbaut ist.
Dagegen empfinden zahlreiche Berufskraftfahrer den Notbremsassistenten als nervig und wollen diesen abschalten. Das Problem ist zumeist, dass sich nicht immer alle Straßenverkehrsteilnehmer an den erforderlichen Mindestabstand halten. Scheren diese beispielsweise nach einem Überholvorgang zu dicht vor einem LKW ein, könnte sich der Notbremsassistent aktivieren und das Fahrzeug abbremsen. Das überrascht viele Fahrer, die in diesem Moment evtl. nicht mit der Bremsung rechnen. Das abrupte Abbremsen kann außerdem eine Gefahr für einen eventuell unaufmerksamen Hintermann sein (der ggf. keinen Notbremsassistenten in seinem Fahrzeug verbaut hat).
Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) arbeitet trotzdem an neuen Sanktionen für Fahrer, die den Notbremsassistenten ausschalten. Künftig soll dies in den Bußgeldkatalog mit aufgenommen und mit einem Bußgeld entsprechend sanktioniert werden. Einige Menschen fordern, dass der Notbremsassistent gar nicht mehr abgeschaltet werden kann.
Lässt sich der Notbremsassistent im LKW nachrüsten? Und im PKW?
Ein Notbremsassistent lässt sich in Lastkraftwagen nicht so einfach nachrüsten. Dazu müssten die nötigen Sensoren und Kameras so mit dem Bremssystem verbunden werden, dass dazu ein aufwendiger Eingriff nötig wäre, der unverhältnismäßige Kosten auslösen würde und zum Teil technisch unmöglich ist.
Bastler, die ihr Auto privat reparieren, können oft viele Dinge an ihrem Fahrzeug selbst optimieren und austauschen. Fahrerassistenzsysteme sind hingegen etwas kniffliger zu verbauen, da diese meist eine komplexe Verbindung zur Elektronik erfordern, die bei einem Fehler im schlimmsten Fall einen Schaden nehmen kann. Auch der Notbremsassistent ist ein technisch so komplizierter Helfer, dass meist nur der Hersteller selbst diesen einbauen kann. Wenn dies überhaupt im Bereich des Machbaren liegt, kann der Eingriff sehr teuer werden, weshalb Sie genau abwägen sollten, ob sich die Investition lohnt.
Gut zu wissen: Einige Notbremsassistenten haben ein beschränktes Kontingent an Bremsungen. Sind diese verbraucht, muss das System in einer Kfz-Werkstatt erneut konfiguriert werden. Die Hersteller wollen damit verhindern, dass der Notbremsassistent als Ersatz für die normale Bremsung missbraucht wird. Es handelt sich um ein Notfallsystem, das nur für brenzlige Situationen und nicht für jede Bremsung im Alltag verwendet werden sollte.
Notbremsassistent: Eine Pflicht für PKW ist denkbar
Japan und Europa haben sich Anfang 2019 darauf verständigt, den sogenannten City-Notbremsassistenten ab 2022 zur Pflicht zu machen. Dieser besondere Notbremsassistent ist darauf spezialisiert, Fußgänger und Radfahrer im dichten Stadtverkehr zu erkennen. Die Vorschrift soll jeweils für ein neues Auto gelten. Der Bremsassistent soll in älteren Modellen nicht nachträglich eingebaut werden. Das Gesetz muss allerdings noch verabschiedet werden. Die Einführung einer Tempobremse ist ebenfalls im Gespräch. Die Bundesregierung will durch diese Maßnahmen die Unfallzahlen drastisch senken.
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Der NBA wird ja im Grunde nur dann benötigt, wenn der Fahrer unaufmerksam ist, ansonsten bremst er ja selbst sofort. Leider sind die heutigen NBAs nicht ausgereift und warnen häufig oder bremsen gar unnötig. Meiner hat schon x mal wegen irgendwelcher Nichtigkeiten gewarnt und auch schon einige Male eine Vollbremsung hingelegt. Dabei wäre es einmal um ein Haar zu einem Auffahrunfall gekommen. In den weniger als 10000 km bislang hat das Ding zigmal Mist gebaut, dabei nicht eine einzige brenzlige Situation gemeistert, es gab halt keine. Ich meine, dass NBAs erst vorgeschrieben werden sollten, wenn sie einigermaßen zuverlässig einen echten Notfall von einer Normalsituation unterscheiden können. Irgendwann wird mir wohl jemand ordentlich hinten drauffahren, nur weil der NBA wieder mal irgendeinen Lichtreflex o.Ä. falsch interpretiert hat. Und möglicherweise werden NBAs insgesamt mehr Unfälle verursachen als sie verhindern. Ich wäre also sehr vorsichtig damit, allzu forsch immer noch mehr NBA-Pflichten einzuführen, solange die Dinger so unzuverlässig sind.
Übrigens: Abschalten lässt sich das Ding praktisch nicht, das Herumfuchteln im Menü nach jedem Motorstart wäre viel zu aufwändig. Man könnte höchstens Dreck auf die Scheibe schmieren, da, wo die Kamera ist.
Ist der Bremsassistent immer aktiv oder kann er auch deaktiviert werden ?
Fragen:
1. Werden Notbremsassistenten Pflicht? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?
2. Warum fordert z.B. NCAP die Notbremsassistenten nicht für eine 5-Sterne Bewertung? Sondern eher Spurhalte-Assistenten?
3. Wenn die Assistenten das tun, was man annehmen könnte, würden sehr viele Unfälle vermieden. Warum werden sie nicht mehr gefordert?
Hallo p.,
1. Der Nothalteassistent soll nach dem Willen der EU zukünftig verpflichtend in Neuwagen verbaut sein (City-Notbremsassistent ab voraussichtlich 2022). Für Lkw gilt für alle ab 2015 zugelassenen Fahrzeuge eine solche Pflicht.
2. Wenden Sie sich für die Bewertungen an die jeweiligen Institutionen. Wir können die Bewertungskriterien an dieser Stelle nicht einschätzen.
Die Redaktion von bussgeldkatalog.org