Gigaliner – Die Riesen-LKW werden Teil des Straßenverkehrs
Von bussgeldkatalog.org, letzte Aktualisierung am: 16. November 2020
LKW mit Überlänge: Die Zukunft auf den Straßen?
Immer mehr Güterverkehr verlagert sich auf die Straße. Waren müssen schnell, effizient und kostengünstig transportiert werden. Sogenannte Gigaliner stellen daher für viele Transportunternehmen und Firmen eine annehmbare Lösung dar.
Doch bereits jetzt werden große LKW mit ihren Anhängern von Autofahrern oft argwöhnisch beäugt. Aufgrund ihrer Masse und Größe und der Tatsache, dass Berufskraftfahrer bekanntermaßen unter einem hohen Druck stehen, sehen viele Verkehrsteilnehmer LKW als Risikofaktor an. Welche Auswirkungen würden dann noch größere und längere Gespanne auf den Verkehr und auf die Verkehrssicherheit haben?
Überlange Gespanne wurden auch in Deutschland bereits getestet und könnten in Zukunft zum alltäglichen Straßenbild gehören. Doch was genau sind eigentlich Gigaliner-LKW und sind diese für den Straßenverkehr bereits zugelassen? Wie sich ein herkömmlicher LKW von einem Gigaliner unterscheidet und ob diese Gespanne ökonomisch überhaupt sinnvoll sind, wird im nachfolgenden Ratgeber näher betrachtet und erläutert.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Gigaliner
Hierbei handelt es sich um einen langen LKW mit einer Länge von bis zu 25,25 m, der einen Gewicht von bis zu 60 Tonnen haben kann.
Die EG-Richtlinie 96/53/EG bestimmt, dass Staat selbst entscheiden, ob sie die Gigaliner auf der Straße erlauben. Gemäß StVZO sind LKW länger als 18.75 auf deutschen Straßen nur mit Sondergenehmigung zugelassen.
Gigaliner sind nur im Rahmen von Feldversuchen unterwegs. Weitere Informationen zu den Versuchen finden Sie hier.
Eurocombi – Eine andere Bezeichnung für Lang-LKW
Mit dem Begriff Eurocombi wird seit den 1970er Jahren ein überlanger Lastkraftwagen bezeichnet. Da diese zu der Zeit vorwiegend in Skandinavien unterwegs waren, hat sich der Begriff dort für diese Art von LKW durchgesetzt.
Seit den dem Gigaliner Feldversuch in Deutschland, mit der Beteiligung einiger Fahrzeughersteller, ist dieser Begriff hier in den Alltagsgebrauch übergegangen. Auch Lang-LKW wird für diese Fahrzeugkombination verwendet.
Solch ein Gigaliner kann eine Länge von bis zu 25,25 m erreichen und ein Gewicht von bis zu 60 Tonnen aufweisen. Im bundesweiten Lang-LKW Feldversuch wurde jedoch ein Gesamtgewicht von 40 bis 44 Tonnen veranschlagt.
Daher sind Gigaliner in einigen Staaten, wie Finnland und Schweden, bereits für den Straßenverkehr zugelassen. In anderen werden weiterhin Untersuchungen und Versuche durchgeführt.
Verschiedene Varianten der Riesen-LKW
Ein Gigaliner besteht meist auch nicht nur aus einer Zugmaschine und deren Auflieger, sondern aus weiteren Anhängern, die kombiniert die Überlänge ergeben. In Europa sind hautsächlich acht verschiedene Kombinationen aus Zugmaschine, Auflieger und Anhänger in Nutzung.
Nachfolgend werden diese verschiedenen Versionen kurz betrachtet und erklärt:
- Motorwagen mit Dolly und Sattelauflieger: – auch als A-Train bezeichnet, am häufigsten genutzte Variante, Motorwagen mit festem Aufbau an den ein Sattelauflieger mit Tandem- oder Doppelachs-Dolly gehängt wird. Der Anhänger ist das längste Element.
- Sattelzug mit Tandem-Anhänger: – besteht aus drei Elementen mit Sattelzugmaschine, Auflieger und einem Tandem-Anhänger mit starrer Deichsel
- Motowagen mit zwei Tandem-Anhängern: – an einen Motorwagen mit drei Achsen werden zwei Doppelachs- oder Tandem-Anhänger gehängt
- Sattelzug mit zwei Aufliegern: – auch B-Train genannt, an die Zugmaschine werden zwei Sattelauflieger angehängt, meist nur in Skandinavien oder in Hafengebieten eingesetzt
- Motorwagen mit Sattelauflieger: – seltene Variante, Motorwagen ist auf vier Achsen verlängert und mit Sattelauflieger kombiniert
- LKW-Gliederzug: – Motorwagen und dreiachsiger Anhänger, wobei beide Elemente die gleiche Länge aufweisen
- Motorwagen und Dreiachsanhänger: – vierachsiger längerer Motorwagen wird mit einem dreiachsigen Anhänger kombiniert
- Auflieger mit einem dreiachsigen Anhänger: – Sattelzugmaschine mit Auflieger und einem dreiachsigen Drehschemelanhänger
All diese Versionen von einem Gigaliner werden in verschiedenen Feldversuchen getestet oder sind, wie bereits beschrieben, in einigen EU-Staaten für den Straßenverkehr zugelassen.
Gigaliner in Deutschland: Maße, Gewicht und Fahrerfahrung spielen eine Rolle
Nach Vorschrift der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) sind in Deutschland nur LKW mit einer Länge von 18.75 Metern und einem Gesamtgewicht von 40 Tonnen für die Teilnahme am Straßenverkehr zugelassen.
Alles was darüber hinausgeht, bedarf einer Sondergenehmigung und muss für die zu befahrende Strecke angemeldet werden. Spezial- und Schwertransporte sind hier die allgemeinhin bekannten Beispiele.
Diese Begrenzungen sind auch EU-weit einheitlich geregelt. Die neuen Gigaliner gehen über diese Beschränkungen deutlich hinaus. Die Zulassung dieser wird von jedem einzelnen Staat selbst geregelt.
In Deutschland ist es seit 2005, im Rahmen eines Feldversuchs, möglich, den Betrieb der Eurocombis anzumelden und für bestimmte Strecken eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Das Befahren nicht genehmigter Strecken ist jedoch untersagt.
Jedes Bundesland erteilt diese Sondergenehmigungen nach § 70 StVZO und § 29 Straßenverkehrsordnung (StVO). Bei den ausgewiesenen und genehmigten Strecken handelt es sich meist um kurze, zwischen Produktion und Weiterverarbeitung oder Versandt gelegene.
Kraftfahrer, die einen solchen Lang-LKW fahren sollen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Der Fahrer muss mindestens fünf Jahre Erfahrung mit einem normalen LKW aufweisen, und zudem mindestens fünf Jahre lang Erfahrungen im Güter-/Werksverkehr gesammelt haben. Viele Unternehmen verlangen darüber hinaus Unfallfreiheit und eine einwandfreie “Vita” im Fahreignungsregister.
Darüber hinaus muss sich ein Fahrer beim Fahren an die vorgeschriebene Strecke halten, darf diese nicht verlassen und auch mit dem Gigaliner andere Verkehrsteilnehmer nicht überholen.
Dennoch muss auch hier immer auf die Vorschriften bezüglich des zugelassenen Gesamtgewichtes, der Ladung und Ladungssicherung geachtet werden.
Erfahrungen aus den Feldversuchen
Feldversuche zu Gewicht und Länge der Gigaliner gab es in Deutschland in verschiedenen Bundesländern bereits seit 2005. Im Jahr 2007 wurde von der Politik zunächst entschieden Gigaliner nicht für den Verkehr zuzulassen.
Seit 2012 werden jedoch erneut Versuche und Untersuchungen zu Gigalinern im Straßenverkehr durchgeführt, die Ende 2016 abgeschlossen sein sollen. Das Fahren mit den Lang-LKW ist derzeit über die zuvor genannten Ausnahmegenehmigungen jedoch nur in einzelnen Bundesländern gestattet.
Nachfolgend findet sich eine Übersicht der Bundesländer, die am Feldversuch teilnehmen und Gigaliner für bestimmte Strecken zulassen:
- Bayern
- Hessen
- Niedersachen
- Sachsen
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
- mit Einschränkungen auch Hamburg
In allen anderen Bundesländern werden Sondergenehmigungen für die überlangen LKW nur in einzelnen Ausnahmefällen erteilt, jedoch nicht für alle Strecken. Im Rahmen des Feldversuchs können aber Durchfahrten der Gigaliner per Ausnahmeregelung stattfinden.
Da der Feldversuch noch nicht abgeschlossen ist, liegen derzeit noch keine eindeutigen Ergebnisse vor. Ob diese Fahrzeuge regulär für den Verkehr zugelassen werden, ist derzeit noch nicht absehbar.
Ob sich diese Ergebnisse in der endgültigen Auswertung bestätigen, bleibt jedoch abzuwarten.
Vor- und Nachteile der Gigaliner
Aufgrund ihrer Ausmaße lösen Gigaliner immer wieder Sicherheitsbedenken aus. Da die Infrastruktur in Deutschland nicht auf diese Überlängen ausgelegt ist, kann es hier durchaus zu Problemen kommen, wenn mehr als nur die Teststrecken für den Verkehr mit einem Eurocombi freigegeben werden.
So sind die derzeitigen Nothaltebuchten auf Autobahnen oder in Tunneln nicht für diese LKW geeignet. Auch die Dimensionen der Brücken, Rastplätze, Parkplätze, Kreisverkehre oder Kreuzungen sind meist zu geringen bemessen, wenn es um die Nutzung durch Gigaliner geht. Hier müssen teilweise Seitenflächen mitbenutzt werden, was zu einer Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern führen kann.
Darüber hinaus sind herkömmlichen Lichtzeichenanlagen und Bahnübergänge sowie deren Schaltzeiten nicht auf die überlangen LKW ausgelegt. So kann es auch hier zu Sicherheitsrisiken kommen, die bei einem Einsatz der Lang-LKW berücksichtigt werden müssen. Daher ist abzusehen, dass Gigaliner weiterhin nur auf ausgewählten und dafür ausgelegten Strecken verkehren werden.
Was die Umweltfreundlichkeit der Gigaliner anbelangt, liegen geteilte Meinungen vor. Zum einen wird der Kraftstoffverbrauch mehrerer kleiner LKW eingespart. Anderseits kann es auch zu einer Verlagerung des Gütertransports von der Schiene auf den Gigaliner kommen, somit würde dieser mehr eingesetzt und der CO2-Ausstoß würde steigen.
Des Weiteren wird die Verlagerung vom LKW auf die Schiene erschwert, da die derzeitigen Zugwagons europaweit nicht für Gigaliner und deren Länge ausgelegt sind.
Ein höheres Verkehrsaufkommen birgt immer auch ein höheres Risiko für einen LKW-Unfall.
Ein Vorteil der Gigaliner ist jedoch, dass das Gewicht der Ladung anders verteilt wird und dadurch auch die Achslast abnimmt. Somit wird die Straße trotz größerer Ladung weniger belastet.
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