Was ein internationaler Gesundheitsnotstand bedeutet
Letzte Aktualisierung am: 7. September 2024
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
FAQ: Gesundheitsnotstand
Bei einem internationalen Gesundheitsnotstand handelt es sich um ein außergewöhnliches Ereignis, durch das sich ein möglicherweise ernstes Gesundheitsrisiko für mehrere Länder sowie den internationalen Verkehr ergibt. Unter Umständen ist dann ein sofortiges international abgestimmtes Handeln zum Infektionsschutz erforderlich.
Die internationalen Gesundheitsvorschriften traten 2005 in Kraft. Seitdem wurde bislang sechs Mal ein internationaler Gesundheitsnotstand ausgerufen (Stand Dezember 2020). Eine Übersicht über diese sechs Ereignisse finden Sie hier.
Nicht offiziell, zumindest taucht der Begriff in keinem Bundesgesetz und in keiner Bundesverordnung auf und besitzt somit keine gesetzliche Definition. Es kommt aber immer wieder vor, dass z. B. Politiker, Wissenschaftler oder Journalisten bei bestimmten Ereignissen von einem „nationalen Gesundheitsnotstand” sprechen, um etwa den Ernst der Lage zu betonen und die Verhängung bundesweiter Infektionsschutzmaßnahmen zu begründen.
Inhaltsverzeichnis:
Die „gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite” – eine Definition
Die Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO, hat zum Ziel, die Gesundheit aller Menschen zu verbessern und widmet sich insbesondere der Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Ein Mittel, das ihr dabei zur Verfügung steht, ist die Erklärung eines „Public Health Emergency of International Concern”, kurz PHEIC, bzw. einer „gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite”, kurz GNIT. Zur Vereinfachung wird im deutschen Sprachraum auch oft der Begriff „internationaler Gesundheitsnotstand” benutzt.
Die WHO definiert diesen in ihren International Health Regulations (Part I Article 1) wie folgt:
“public health emergency of international concern” means an extraordinary event which is determined, as provided in these Regulations:
(i) to constitute a public health risk to other States through the international spread of disease and
(ii) to potentially require a coordinated international response
Zu Deutsch: Bei einem internationalen Gesundheitszustand handelt es sich um ein außergewöhnliches Ereignis, das ein Gesundheitsrisiko für mehrere Länder darstellt und möglicherweise international koordinierte Maßnahmen erforderlich macht.
Ausrufen des internationalen Gesundheitsnotstands – das Verfahren
Tritt in einem Land möglicherweise ein solches Ereignis ein, muss die dafür zuständige nationale Behörde umgehend eine entsprechende Meldung an die WHO machen. Diese bewertet dann die Lage und entscheidet, ob sie einen internationalen Gesundheitsnotstand ausruft.
In Deutschland gibt es verschiedene Institutionen, die für eine Meldung an die WHO verantwortlich sind:
- Robert Koch-Institut: bei Infektionskrankheiten
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: bei radionuklearen Gefahren
- Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: bei chemischen Gefahren
Stellt eine dieser Behörden in Deutschland ein entsprechendes Ereignis fest, muss sie zunächst bewerten, ob dieses tatsächlich die Kriterien für einen internationalen Gesundheitsnotstand erfüllt und somit der WHO gemeldet werden muss. Dafür existiert in Anlage 2 des Gesetzes zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) ein verbindliches Entscheidungsschema, in dem u. a. folgende Fragen auftauchen:
- Sind die Auswirkungen des Ereignisses auf die öffentliche Gesundheit schwerwiegend?
- Ist das Ereignis unerwartet oder ungewöhnlich?
- Besteht ein erhebliches Risiko einer grenzüberschreitenden Ausbreitung?
- Besteht ein erhebliches Risiko der Beschränkung internationaler Reisen oder des internationalen Handels?
Je nachdem, welche dieser Fragen mit „Ja” bzw. „Nein” beantwortet werden, gibt das Schema vor, wann eine Meldung an die WHO zu erfolgen hat.
Welche Konsequenzen hat ein internationaler Gesundheitsnotstand?
Hat die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen, kann sie Empfehlungen an alle oder auch nur an einzelne Vertragsstaaten herausgeben, welche Maßnahmen diese zur Eindämmung des Gesundheitsrisikos treffen können, wie z. B. Reisebeschränkungen, verbindliche Impfnachweise oder Quarantänemaßnahmen. Es obliegt den jeweiligen Regierungen zu entscheiden, ob und wie sie diese Empfehlungen umsetzen.
Bisherige Fälle von internationalen Gesundheitsnotständen
Die Möglichkeit, einen internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen, besteht erst seit 2005, da in diesem Jahr die IGV in Kraft traten. Demzufolge kam es erst sechs Mal vor, dass eine solche Notlage festgestellt wurde (Stand Dezember 2020):
- April 2009: globales Auftreten von Influenza-Erkrankungen (Pandemie H1N1 2009/10)
- Mai 2014: Ausbrüche von Poliomyelitis (Kinderlähmung) in Kamerun, Pakistan und Syrien sowie Verbreitung nach Afghanistan, Irak und Äquatorialguinea
- August 2014: Ausbrüche von Ebolafieber in mehreren westafrikanischen Ländern und Einzelfälle in den USA, Spanien und im Vereinigten Königreich
- Februar 2016: Zikavirus-Epidemie 2015/2016 in Lateinamerika
- Juli 2019: Ebolafieber-Epidemie in Kongo (Ausbruch bereits im Juli 2018) und Uganda
- Januar 2020: COVID-19-Pandemie