Gefahrgutklassen und ihre vorgeschriebenen Kennzeichnungen
Letzte Aktualisierung am: 22. August 2024
Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Welche Gefahrgutkennzeichnung für welche Ladung steht
Es muss nicht gleich das berüchtigte Nitroglyzerin sein, welches die Helden im Filmklassiker “Lohn der Angst” über eine gefährliche Gebirgsstrecke transportieren mussten. Auch Güter, die nicht sofort bei Erschütterung explodieren, können erhebliche Risiken für Mensch und Umwelt bergen. Bei deren Transport müssen Lkw-Fahrer einiges beachten. Dies fängt bei der richtigen Sicherung der Lkw-Ladung an und hört bei angemessenem Fahrverhalten noch lange nicht auf. Wichtig ist es außerdem, den Lkw so zu kennzeichnen, dass andere Verkehrsteilnehmer sehen können, welche Substanzen dieses Fahrzeug geladen hat.
Doch welche Arten von gefährlichen Gütern müssen überhaupt besonders gekennzeichnet werden? Was ist der Unterschied zwischen Warntafel und Gefahrenzettel? Und welche Bedeutung haben beispielsweise orangefarbene Warntafeln an einem Fahrzeug, wenn auf ihnen bestimmte Ziffern zu finden sind? Wir klären Sie über die verschiedenen Gefahrgutklassen und ihre gesetzlich vorgeschriebene Gefahrgutkennzeichnung auf.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Gefahrgutklassen
Ja, gemäß den Bestimmungen des ADR müssen gefährliche Güter entsprechend gekennzeichnet werden. Das muss an den Gütern und am LKW erfolgen.
Die Kennzeichnung erfolg in der Regel über Tafeln und Aufkleber. Um die Stoffe auf dem LKW zu kennzeichnen, werden Gefahrgutklassen verwendet.
Die Gefahrgutklassen geben an um welche Art von Stoff es sich handelt. Hier wird unter anderem die Brennbarkeit sowie auch die Toxizität und der Aggregatzustand angegeben. Welche Klassen es gibt, erfahren Sie hier.
Was sind Gefahrgüter?
Gefahrgüter sind alle Substanzen und Produkte, von denen eine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgehen kann, beispielsweise weil diese das Grundwasser vergiften oder schwere Explosionen verursachen können. Ihr Transport verlangt von daher besondere Sorgfalt und unterliegt in der Europäischen Union den Regeln des “Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße”, abgekürzt auch als “ADR” bekannt.
Wollen Lkw-Fahrer Gefahrgüter transportieren, müssen sie eine spezielle ADR-Schulung vorweisen, in der sie lernen, was sie beim Transport gefährlicher Güter zu beachten haben. Für bestimmte Gefahrgutklassen, wie explosive oder radioaktive Stoffe, ist ein zusätzlicher Aufbaukurs nötig.
So ein ADR-Schein kann Kosten verursachen, ermöglicht es Lkw-Fahrern jedoch, zusätzliche Aufträge anzunehmen. Wenn sie auch die brisanten Güter umherfahren dürfen, sind sie außerdem für Arbeitgeber besonders attraktiv.
Welche Gefahrgutklassen gibt es?
Die “UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods” (auf Deutsch: UN-Empfehlungen zum Transport gefährlicher Güter) ordnen das Gefahrgut unterschiedlichen Klassen zu. Diese dienen zwar nur als Empfehlung und sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings werden Sie von vielen Ländern in ihren Gesetzen berücksichtigt und bilden die Grundlage für grenzüberschreitende Abkommen zum Gefahrguttransport, so auch für das ADR in Europa. Diese Gesetze und Abkommen schreiben konkret vor, welche Gefahrgutschilder Sie an Ihrem Lkw befestigen müssen.
Im Folgenden finden Sie die einzelnen Gefahrgutklassen und ihre dazugehörigen Nummern:
Gefahrgut- klasse 1 | Explosive Stoffe, die durch Feuer, Funkenschlag oder andere Weise explodieren können. Besonders gefährlich sind dabei so genannte massenexplosionsfähige Substanzen. Bei diesen kann die gesamte Lkw-Ladung auf einen Schlag in die Luft fliegen, wenn sie entsprechend angeregt wird. |
Gefahrgut- klasse 2 | Dieser Klasse gehören Gase und gasförmige Stoffe an, welche vor allem dann gefährlich werden, wenn sie sich entzünden können oder giftig sind. Aber auch durch den hohen Druck, unter dem manche gasförmigen Stoffe stehen, können Gefahren entstehen. |
Gefahrgut- klasse 3 | Wenn flüssige Stoffe entzündbar sind, handelt es sich bei ihnen um ein Gefahrgut der Klasse 3. |
Gefahrgut- klasse 4 | Feste Stoffe, die sich entzünden können. Bei den selbstentzündlichen Stoffen kann dies bereits dann geschehen, wenn sie lediglich der Luft ausgesetzt sind. |
Gefahrgut- klasse 5 | Entzündend wirkende Stoffe, die nicht unbedingt selbst brennbar sein müssen. Sie können jedoch dafür sorgen, dass andere Substanzen in Brand geraten, wenn sie mit diesen in Berührung kommen. |
Gefahrgut- klasse 6 | Giftige Stoffe, welche der Gesundheit des Menschen schaden können, wenn Sie in den Körper gelangen. Auch Krankheitserreger gehören in diese Klasse. |
Gefahrgut- klasse 7 | Radioaktive Substanzen, welche den menschlichen Körper mit der Strahlung schädigen, die beim Zerfall ihrer Atomkerne freigesetzt wird. |
Gefahrgut- klasse 8 | Ätzende Substanzen, welche Personen oder Gegenständen schaden können, werden als Gefahrgut der Klasse 8 eingestuft. |
Gefahrgut- klasse 9 | Alle Substanzen, die bei ihrem Transport gefährlich werden können, aber nicht in eine der anderen Kategorien fallen, gelten als Gefahrgut der Klasse 9. Dazu gehören beispielsweise Airbags, welche durch ihren Luftdruck ebenfalls eine Art Explosion verursachen können. |
Viele Güter gehören mehreren Gefahrgutklassen an, wenn sie mehr als eine gefährliche Eigenschaft aufweisen. Motorenbenzin beispielsweise ist sowohl hochentzündlich als auch giftig.
Welche Gefahrgutzeichen sind in Europa gesetzlich vorgeschrieben?
Die unverbindlichen Empfehlungen der Vereinten Nationen zur Kennzeichnung von Gefahrgutklassen sind durch das ADR-Abkommen (Band II Teil 5) für eine Reihe europäischer Staaten verbindlich vorgeschrieben.
Die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) in Deutschland bezieht sich in § 19 Absatz 2 Unterabsatz 11 direkt auf die Regeln zur Gefahrgutkennzeichnung am LKW nach dem ADR-Abkommen. Demnach müssen Sie als Gefahrgutfahrer, aber auch als Unternehmer oder Verlader folgendes beachten:
- Eine orangefarbene ADR-Warntafel muss an einem Fahrzeug, das Gefahrgüter transportiert, mindestens an der Vorder- und Rückseite angebracht werden. Die Gefahrguttafel ist für jede Art von Gütern verpflichtend, egal ob sie fest, flüssig oder gasförmig sind (ADR 5.3.2).
- Die Behälter, in denen sich das Gut selbst befindet, müssen mit einem Gefahrgutzettel markiert werden. Umgangssprachlich werden diese Zettel auch als Gefahrgutaufkleber oder Gefahrgutetiketten bezeichnet (ADR 5.2).
- Handelt es sich um einen Tanklaster oder einen Lkw mit Containern, so ist der Laderaum des Fahrzeuges gleichzeitig der Behälter des Gefahrgutes und benötigt einen Großzettel (“Placard”), welcher das Gefahrgut anzeigt. Die Symbole auf den Großzetteln sind von Chemikalien aus dem Haushalt oder aus dem Chemieunterricht bekannt und werden unten genauer beschrieben. In der Regel muss so ein Großzettel auf der Rückseite sowie beiden Längsseiten des Behälters angebracht werden (ADR 5.3.1).
- Ein Sonderfall sind Lkw, welche Güter in erwärmtem Zustand transportieren. Um andere Verkehrsteilnehmer auf ihre heiße Ware aufmerksam zu machen, müssen sie an allen vier Seiten des Containers oder Tanks spezielle Warnschilder führen. Diese zeigen ein rotes Dreieck mit einem Thermometer-Symbol (ADR 5.3.3).
Was passiert, wenn Sie keine angemessene Gefahrgutkennzeichnung verwenden?
Auch für die Gesetzgeber in Deutschland ist es sehr wichtig, das die Ladung eines Lkw so gekennzeichnet wird, wie es für die entsprechenden Gefahrgutklassen vorgeschrieben ist. Dafür tragen sowohl die Fahrzeugführer (§ 28 GGVSEB) als auch die Beförderer (§ 19 Absatz 2 GGVSEB) die Verantwortung.
Im Falle eines Lkw-Transportes handelt es sich bei einem Beförderer um den Unternehmer. Verlader und Empfänger tragen ebenfalls eine Verantwortung für die richtige Gefahrgutkennzeichnung, auf die aus Gründen der Einfachheit in der untenstehenden Bußgeldtabelle jedoch verzichtet wird.
Sowohl Beförderer als auch Lkw-Fahrer müssen Bußgelder bezahlen, wenn gefährliche Gegenstände oder Substanzen nicht mit dem richtigen Gefahrgutkennzeichen versehen werden. Für einen Gefahrguttransport ohne vorgeschriebene Kennzeichnung wird ein Bußgeld von 100 bis 300 Euro fällig. Wenn eine Kennzeichnung, die nicht mehr aktuell ist, weder verdeckt noch abgenommen wird, muss der Fahrer ein Bußgeld von 50 Euro bezahlen.
Beschreibung Tatbestand | Bußgeld Fahrzeugführer | Bußgeld Beförderer |
---|---|---|
Nicht für das Anbringen der Großzettel sorgen | 100 € | 150 € |
Nicht für das Entfernen oder Abdecken der Großzettel sorgen | 50 € | - |
Nicht für das Anbringen oder Sichtbarmachen von orangefarbenen Tafeln sorgen | 300 € | 300 € |
Nicht für das Entfernen oder Verdecken von orangefarbenen Tafeln sorgen | 50 € | - |
Straßen, die Sie mit kennzeichnungspflichtigen Gefahrgütern nicht befahren dürfen
Wenn ein Fahrer einen Lastkraftwagen steuert, der gefährliche Güter geladen hat, muss er nicht nur auf eine korrekte Gefahrgutkennzeichnung achten. Auch manche Straßen darf er mit so einer Ladung nicht nutzen.
Das Verkehrszeichen Nummer 261 markiert Straßen, auf denen keine kennzeichnungspflichtigen Kraftfahrzeuge mit gefährlichen Gütern fahren dürfen. Häufig sind dies Gefällestrecken, auf denen eine höhere Gefahr für Lkw-Unfälle besteht, wenn diese nicht ausreichend bremsen können.
Wird auf diesen Straßen ein Lkw mit Gefahrgut und entsprechender Warntafel erwischt, so muss der Fahrer laut Bußgeldkatalog 100 Euro bezahlen und erhält einen Punkt. Bei wiederholter Missachtung dieses Zeichens erhöht sich das Bußgeld auf 250 Euro, dazu wird ein weiterer Punkt fällig sowie ein Monat Fahrverbot.
Mit welcher Gefahrgutkennzeichnung werden Gefahrgüter markiert?
Wie muss die Warntafel von einem Lkw aussehen?
Eine Warntafel, welche das Gefahrgut gemäß ADR 5.3.2 kennzeichnet, muss 40 mal 30 Zentimeter groß sein, orangene Farbe haben, bei Dunkelheit zurückstrahlen und auch dann noch zu lesen sein, wenn sie 15 Minuten lang einem Feuer ausgesetzt war. So ein Brand kann bei der Kollision eines Lkw mit gefährlichen Gütern durchaus entstehen.
Üblicherweise besteht die Warntafel aus zwei Teilen, die mit einem schwarzen Balken voneinander getrennt sind und das geladene Gefahrgut durch Nummern ausdrücken. Im unteren Teil steht die Nummer (nach UN-Klassifizierung) von dem jeweiligen Gefahrgut und die obere Nummer beschreibt die Gefahr, welche von diesem Gut ausgeht. Diese kann bis zu drei Ziffern lang sein, wobei die Ziffern für die Gefahrgutklassen der Vereinten Nationen stehen.
Dabei gibt es jedoch zwei Ausnahmen: Explosive Stoffe werden nicht etwa mit der Ziffer eins, sondern als entzündliche Stoffe mit den Ziffern drei oder vier markiert, weil die eins zu leicht mit der sieben zu verwechseln ist.
Wenn ein Lastkraftwagen verschiedene Substanzen geladen hat, werden auf den Gefahrguttafeln keine Nummern angebracht. Die leeren orangenen Flächen weisen dann lediglich allgemein darauf hin, dass hier ein Fahrzeug mit Gefahrgütern unterwegs ist.
Welche Vorschriften gelten für Großzettel?
Wenn die Gefahrgüter auf Lastkraftwagen in Containern oder Tanks transportiert werden, müssen gemäß ADR 5.3.1 an deren Außenseiten Großzettel angebracht werden. Bei diesen handelt es sich um Quadrate, die auf der Spitze stehen und eine Abmessung von 25 mal 25 Zentimeter haben müssen.
Hat ein Gut mehrere gefährliche Eigenschaften, beispielsweise wenn es gleichzeitig brennbar und ätzend ist, kann der Behälter von einem Gefahrgut auch mehrere Zeichen erhalten. Wenn ein Behälter mehrere Gefahrgüter transportiert, dann müssen nur die Großzettel angebracht werden, welche die größte Gefahr jeder Gefahrgutklasse darstellen.
Eine Ausnahme gilt für explosive (Klasse 1) und radioaktive (Klasse 7) Güter: Hier müssen die Großzettel mit ihren markanten Symbolen immer außen am Lkw angebracht werden, auch wenn die Stoffe noch einmal in eigenen Behältern stecken.
Sie finden die gesetzlich vorgeschriebenen Gefahrgutsymbole für alle Gefahrgutklassen in folgender Übersicht. Die Nummern der UN-Gefahrgutklassen sind zusätzlich in der unteren Ecke des Zettels angebracht:
Unterklasse(n) nach UN-Definition | Beschreibung des Gefahrgutes | Farben des Großzettels | Symbol des Großzettels |
---|---|---|---|
1.1, 1.2, 1.3 | explosive Stoffe, die entweder massenexplosionsfähig sind, Splitter-, Spreng- oder Wurfstücke bilden können oder feuergefährlich sind | orange | Explosions-Symbol |
1.4 | explosive Stoffe mit nur geringer Explosionsgefahr | orange | "1.4" |
1.5 | sehr unempfindliche massenexplosionsfähige Stoffe | orange | "1.5" |
1.6 | extrem unempfindliche, nicht massenexplosionsfähige Stoffe | orange | "1.6" |
2.1 | entzündbare Gase | rot | Flamme |
2.2 | nicht entzündbare, nicht giftige Gase | grün | Gasflasche |
2.3 | giftige Gase | weiß | Totenkopf |
3 | entzündbare flüssige Stoffe | rot | Flamme |
4.1 | entzündbare feste Stoffe, selbstzersetzliche Stoffe und desensibilisierte explosive Stoffe | senkrecht rot-weiß gestreift | Flamme |
4.2 | selbstentzündliche Stoffe | obere Hälfte weiß, untere Hälfte rot | Flamme |
4.3 | Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln | blau | Flamme |
5.1 | entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe | gelb | Flamme auf Kreis |
5.2 | organische Peroxide | gelb | Flamme auf Kreis |
6.1 | giftige Stoffe | weiß | Totenkopf |
6.2 | ansteckungsgefährliche Stoffe | weiß | Biohazard-Symbol |
7A | radioaktive Stoffe (Kategorie I) | weiß | Radioaktivitäts-Zeichen, ein roter Strich |
7B | radioaktive Stoffe (Kategorie II) | obere Hälfte gelb, untere Hälfte weiß | Radioaktivitäts-Zeichen, zwei rote Striche |
7C | radioaktive Stoffe (Kategorie III) | obere Hälfte gelb, untere Hälfte weiß | Radioaktivitäts-Zeichen, drei rote Striche |
7E | spaltbare Stoffe | weiß | "spaltbar" |
8 | ätzende Stoffe | obere Hälfte weiß, untere Hälfte schwarz | zwei Reagenzgläser, deren Flüssigkeit eine Hand und eine Oberfläche verätzen |
9 | verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände | obere Hälfte senkrecht schwarz-weiß gestreift, untere Hälfte weiß | - kein Symbol - |
- | Stoffe, welche die Umwelt gefährden können | weiß | Toter Baum neben totem Fisch |